Wirtschaft Textilketten-Ware aus Gefängnis?

C&A erhielt erst vor wenigen Monaten den Stop-Slavery-Award gegen Sklaverei in der Textilproduktion.
C&A erhielt erst vor wenigen Monaten den Stop-Slavery-Award gegen Sklaverei in der Textilproduktion.

«London.»Die Textilunternehmen H&M aus Schweden und C&A mit Sitz in Belgien und Deutschland stehen wegen des Vorwurfs, dass sie Ware in chinesischen Gefängnissen hätten produzieren lassen, am Pranger. Beide Unternehmen kündigten Untersuchungen an.

„Wir nehmen diese Vorwürfe sehr ernst und werden versuchen, mehr Informationen über den Fall zu recherchieren“, hieß es gestern in einer Mitteilung von C&A. Das Unternehmen toleriere „keine Form der Zwangsarbeit oder Schuldknechtschaft“ in seiner Lieferkette. „Im Falle von Zwangsarbeit würden wir die Geschäftsbeziehung zum Lieferanten sofort aufkündigen. Dies schließt jegliche Art von Gefängnisarbeit ein.“ Auch H&M teilte mit, es sei „komplett inakzeptabel“, Herstellung in Gefängnisse zu verlegen. Dies würde zu einer sofortigen Beendigung von Verträgen führen. „Wir kennen die Behauptungen und nehmen sie sehr ernst. Im Moment können wir nicht bestätigen, ob sie zutreffend sind oder nicht.“ Eine Untersuchung sei eingeleitet.

Früherer Privatdetektiv bringt Fall ins Rollen

Die zwei Textilhersteller reagieren damit auf den Vorwurf von Peter Humphrey, einem britischen Privatdetektiv. Er hatte in einem Artikel der „Financial Times“ berichtet, er habe als Häftling in einem chinesischen Gefängnis gesehen, wie Insassen zu Hungerlöhnen für die beiden Handelsketten produzierten. „Unsere Männer stellten Verpackungsteile her. Ich erkannte bekannte Marken wie 3M, C&A, H&M. So viel zur sozialen Verantwortung von Unternehmen“, schrieb Humphrey in dem Artikel. Für ihre Arbeit in Vollzeit erhielten die Gefangenen dem Bericht zufolge einen Monatslohn von umgerechnet rund 15 Euro. Menschenrechtsorganisationen in China zufolge gibt es weder Beweise noch Gegenbeweise, dass Zwangsarbeit in chinesischen Gefängnissen weiterhin existiert. Offiziell wurde sie 2013 abgeschafft. Humphrey saß von 2013 bis 2015 in China im Gefängnis für angeblich illegales Beschaffen von Informationen über chinesische Staatsbürger. Er hatte zuvor als Privatdetektiv gearbeitet. Nach seiner Haftentlassung kehrte er nach Großbritannien zurück. Die Vorwürfe treffen ausgerechnet zwei Unternehmen, die sich nach Ansicht von Experten in den vergangenen Jahren Mühe gaben, ihre Lieferketten transparent zu machen und so Verantwortung für die Produktionsbedingungen vor Ort zu übernehmen. H&M listet auf seiner Website über 660 Fabriken in China mit Namen, Adressen und Eigentümern auf, C&A 273.

H&M rangiert beim internationalen Mode-Transparenz-Index auf Platz drei von 100 Unternehmen.
H&M rangiert beim internationalen Mode-Transparenz-Index auf Platz drei von 100 Unternehmen.
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