Wirtschaft Stiftung Warentest zunehmend gefragt

Ein extrem mit Schadstoffen belasteter Kamillentee, ein Kinderwagen mit Kippgefahr und zwei Auto-Kindersitze, die sich beim Aufprall aus den Halterungen lösten – gleich bei drei Untersuchungen veröffentlichte die Stiftung Warentest voriges Jahr vorab Warnungen vor Produkten, durch die Leib und Leben gefährdet werden können. Mit Erfolg: Die Anbieter versprachen, die Produkte vom Markt zu nehmen oder in Zukunft sicherer zu machen.

Für Vorstand Hubertus Primus sind das nicht die einzigen positiven Entwicklungen im abgelaufenen Jahr. Die Bilanz der Stiftung Warentest, die der gelernte Jurist und Journalist in Berlin vorlegte, fällt rundum erfreulich aus. Denn Umsatz und Gewinn sind gewachsen, die Abo-Zahlen der Verbraucher-Hefte „Test“ und „Finanztest“ stabiler als anderswo in der Medienbranche. Das Onlinegeschäft, das Lizenzsystem für die Testsiegel und die Buchverkäufe laufen gut, und auch das Stiftungskapital brachte trotz des Zinstiefs fast 3 Prozent Rendite. Seit der Gründung 1964 hat die Stiftung Warentest rund 9000 Waren- und Dienstleistungstests durchgeführt und musste bis heute kaum ein Urteil korrigieren. Allein voriges Jahr wurden 30.000 Produkte geprüft. Oft sorgten die unabhängigen Untersuchungen durch spezialisierte Testlabore und Fachleute erstmals für Transparenz bei der Qualität des Angebots und den Preisen. Teils mussten die Prüfer große Widerstände überwinden. So verweigerten in der Finanzbranche viele Unternehmen die Auskünfte. Die Testsiegel der Stiftung sind anerkannt, für viele Verbraucher wichtige Kaufhilfe und bei den Unternehmen begehrt. Obwohl vorigen Juli die Preise für die Nutzung des Logos auf getesteten Produkten erhöht wurden, sei die Anzahl der Lizenzverträge gestiegen, berichtet Primus. 2017 wurden 698 (2016: 631) Kontrakte vereinbart, die 4,7 Millionen Euro Erlös brachten. Die Lizenzen vergibt die RAL gGmbH, die auch kontrolliert, ob korrekt mit Testergebnissen geworben wird. Mit knapp 48 Millionen Euro erzielte die Stiftung Warentest 2017 rund 1 Million Euro Zuwachs beim Umsatz und mit 2,4 Millionen Euro auch einen um rund 500.000 Euro höheren Gewinn. Dazu trägt das wachsende Onlinegeschäft bei, das um ein Zehntel auf 4,3 Millionen Euro Umsatz zulegte. Mittlerweile informieren sich fast 50.000 Leser über bezahlte Online-Abonnements, im Branchenvergleich eine beachtliche Leistung. Auch die Erlöse der Monats-Zeitschriften „test“ und „Finanztest“ hätten sich besser als erwartet und gegen den Branchentrend entwickelt, betont Primus. Bei „test“ sank die Auflage im Schnitt um 2,6 Prozent auf 396.000, bei „Finanztest“ blieb sie mit 205.000 fast stabil. Unter den 39 veröffentlichten Büchern mit Verbrauchertipps waren „Das Vorsorge-Set“, „Das Nachlass-Set“ und „Das Notfall-Set“ mit zusammen rund 130.000 verkauften Exemplaren am erfolgreichsten. Die Anzahl der Produkttests sank 2017 deutlich von 132 auf 116 Warentests, was auch daran liegt, dass Untersuchungen teils extrem aufwändig und sehr teuer sind. So nimmt die Stiftung inzwischen die Nachhaltigkeit in der Produktion von Waren unter die Lupe, wozu dann zum Beispiel bei Textilien die Lieferketten bis nach Asien untersucht werden. Die Anzahl der Dienstleitungstest blieb mit 53 unverändert, die Anzahl der Marktübersichten ist auf 153 gestiegen. Auf der Homepage (test.de) können sich Verbraucher in Dutzenden Datenbanken tagesaktuell über Produkte, Testurteile und Preise informieren sowie gegen eine geringe Zahlung auch eine Auswahl passender Angebote anfordern. Dazu können in Produktfindern die gewünschten Anforderungen an ein Produkt oder eine Dienstleistung eingegeben werden. Regelmäßig deckt die Stiftung Warentest Missstände auf. So zeigte 2017 ein Test von Baufinanzierungen, dass nur fünf von 21 Banken und Kreditvermittlern mit durchdachten Finanzkonzepten, niedrigen Zinsen und übersichtlichen Kreditinformationen überzeugte. Beim Test von 24 Olivenölen der Spitzenklasse „nativ extra“ schnitt keines gut ab, aber zehn mangelhaft. Zum ersten Mal testete die Stiftung zum Beispiel Gemüsechips, Spiele-Apps, smartes Spielzeug und Drohnen. Die Stiftung Warentest ist unabhängig von Werbeeinnahmen, das garantiert auch das inzwischen vom Bund von 80 auf 180 Millionen Euro erhöhte Stiftungskapital. Trotz des Zinstiefs am Kapitalmarkt konnte die Organisation damit 2017 knapp 3 Prozent Rendite erzielen, unter anderem durch geschickte Anlage in kostengünstigen Fonds. Im Gegenzug zur Stärkung des Stiftungskapitals kürzt der Bund vereinbarungsgemäß die bisherigen Zuschüsse. 2017 flossen statt wie bisher 5 noch 3,9 Millionen Euro.

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