Wissenschaft Nobelpreis für Click-Chemie

Mitglieder des Nobelkommitees geben die Gewinner des Nobelpreises für Chemie 2022 bekannt.
Mitglieder des Nobelkommitees geben die Gewinner des Nobelpreises für Chemie 2022 bekannt.

Der Bau von Molekülen im Labor ist komplex. Für einen im Vergleich einfachen Ansatz nach dem Prinzip einer Rucksack-Schnalle gibt es nun den Chemie-Nobelpreis.

Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an drei Forschende für Methoden zum besonders effizienten Aufbau von Biomolekülen und zum zielgerichteten Markieren von Zellstrukturen. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm mit. Morten Meldal (68, Dänemark) und Barry Sharpless (81, USA) gelten als Vordenker der sogenannten Click-Chemie, mit der chemische Bausteine vergleichsweise einfach miteinander verbunden werden können. Carolyn Bertozzi (56, USA) von der US-Universität Stanford entwickelte die Click-Chemie weiter und wendete sie in lebenden Organismen an.

Für Sharpless, der am Scripps Research Institute in La Jolla in Kalifornien forscht, ist es nach 2001 bereits der zweite Chemie-Nobelpreis. Insgesamt erhielten einschließlich Sharpless sieben Menschen oder Organisationen zweimal den Nobelpreis, der seit 1901 an fast 1000 Preisträger verliehen wurde.

Etablierte Synthesen

Die beiden prämierten Methoden hätten „längst einen festen Platz“ im biomedizinischen und pharmazeutischen Instrumentarium, teilte der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) mit. Aubry Miller, Leiter der Arbeitsgruppe Wirkstoffforschung am Deutschen Krebsforschungszentrum, drückt es so aus: „Auf Konferenzen zu chemischer Biologie hat jeder Vortrag etwas mit Click-Chemie zu tun.“

Chemiker sind schon lange in der Lage, komplizierte Biomoleküle zu konstruieren, die beispielsweise als Arzneimittel eine gewünschte Wirkung entfalten. Das Problem dabei: Oft sind viele chemische Reaktionen notwendig, jeder Schritt kann den Vorgang ineffizienter machen. Hier kommt die Click-Chemie ins Spiel. Der Clou: Es werden Kohlenstoff-Gerüste genutzt, die sich vergleichsweise einfach über bestimmte Brücken miteinander verbinden lassen.

Das Verfahren funktioniert ähnlich wie eine Rucksack-Schnalle, bei der ein Teil genau in das andere Teil passt. „Klickt“ es einmal, ist die Verbindung fest.

Anwendung in Krebsforschung

2002 beschrieben Meldal von der Universität von Kopenhagen und Sharpless, der seit einem Labor-Unfall 1970 auf einem Auge blind ist, unabhängig voneinander die wohl berühmteste Click-Reaktion genauer, die Kupfer-katalysierte Azid-Alkin-Cycloaddition. Die Reaktion ist sowohl in der pharmazeutischen Forschung als auch in der Industrie sehr beliebt, weil sich damit sehr einfach Moleküle verbinden lassen.

Bertozzi wiederum nutzte eine modifizierte Click-Reaktion – ohne giftige Kupferionen –, um bestimmte Zuckerketten sichtbar zu machen, die beispielsweise auf der Oberfläche von Zellen sitzen. Bertozzi war in der Lage, Zuckermoleküle so mit Bindestellen auszustatten, dass dadurch möglichst keine anderen Zell-Prozesse gestört werden. Fachleute sprechen von bioorthogonalen Reaktionen. Bertozzis Prinzip kann man etwa in der Krebsmedizin nutzen. Zunächst findet dabei ein spezifischer Antikörper eine Tumorzelle. In einem zweiten Schritt bindet per Click-Reaktion ein Molekül an den Antikörper, das die Krebszelle zerstören kann.

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