Wirtschaft Nach Air-Berlin-Pleite: Neue Ordnung am Himmel

Lufthansa, Easyjet und Ryanair haben Lufthoheit über Deutschland - Billigflieger greifen im Inland an

Vom Aus von Air Berlin profitierte die Lufthansa zunächst als einziger Anbieter vor allem auf vielen inländischen Flugstrecken. Als Folge des plötzlich stark verknappten Angebots schnellten die Preise für Flüge zwischen Berlin und Stuttgart oder Frankfurt drastisch in die Höhe. Denn die Nachfrage in den automatisierten Buchungs- und Preissystemen konzentrierte sich auf die verbliebenen Plätze der Lufthansa-Billigtochter Eurowings. Seit Januar nun fliegt die britische Fluglinie Easyjet frühere Air-Berlin-Routen, es gibt wieder Konkurrenz und die Lage hat sich entspannt. Nach Angaben der Suchplattform Kayak waren Flugreisen im Mai von Berlin nach Stuttgart oder Köln zuletzt durchschnittlich ein Fünftel billiger als vor einem Jahr zu haben. Dafür hat das Portal die Preise auf Kayak.de für Hin- und Rückflüge vom 1. Januar bis zum 4. April der Jahre 2017 und 2018 verglichen. Experten erwarten, dass die Tickets noch günstiger werden könnten. „Durch die Konkurrenz von Easyjet und Ryanair auf dem deutschen Markt sind die hohen Lufthansa-Preise bereits gesunken und werden wohl auch in Zukunft noch sinken“, sagt Felix Methmann vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Eine Entwicklung zu fairen, marktgerechten Preisen zeichne sich ab. Eine Untersuchung des Bundeskartellamts, das im November 2017 eine Überprüfung der Lufthansa-Preise eingeleitet hat, läuft derzeit. Lufthansa-Chef Carsten Spohr muss auch auf dem Heimatmarkt mit angriffslustiger Konkurrenz rechnen. Easyjet ist eine expansive Airline, die große Pläne hat. Vorstandschef Johan Lundgren will Berlin zur Drehscheibe ausbauen. Schon im stark erweiterten Sommerflugplan werden mehr als 100 Ziele angeflogen. Die Passagierzahl in der Bundeshauptstadt soll dieses Jahr um fast zwei Drittel auf 5,6 Millionen wachsen. Während die Lufthansa weiter auf die Drehkreuze Frankfurt und München setzt, bietet Easyjet künftig den Berlinern verstärkt Kontinental- und Überseeverbindungen an. Dafür wird Berlin-Tegel ins weltweite Umsteige-Netzwerk der Briten aufgenommen, zu dem etwa Norwegian, Westjet und Thomas Cook gehören. Verbindungen in die USA und nach Asien werden über den Easyjet-Onlinevertrieb direkt buchbar. Auch Michael O’Learys Ryanair setzt verstärkt auf Berlin. Ab 1. Juni lässt der Chef des Billigfliegers zunächst vier Flieger des Partners Laudamotion in Tegel stationieren, nachdem sich die Iren unlängst 24,9 Prozent an der Airline gesichert haben. Der Anteil soll, falls die Kartellbehörden zustimmen, auf 75 Prozent erhöht werden. Mit Laudamotion hat Ryanair einen strategischen Partner für die Expansion auf dem deutschsprachigen Markt. Denn Lauda sicherte sich einen Teil der Air-Berlin-Flotte und der Flugrechte, als Lufthansa und Eurowings auf Druck der Wettbewerbsbehörden übernommene Flieger sowie Start- und Landeberechtigungen abgeben mussten. Letztere können Ryanair und Laudamotion nutzen, die ab Juni mit 21 Flugzeugen von neun Städten aus in Deutschland und Österreich operieren. Sechs Flieger werden in der früheren Air-Berlin-Basis Düsseldorf stationiert, je vier in Berlin-Tegel und Wien, zwei in Zürich und je einer in Stuttgart, Frankfurt, München, Köln und Nürnberg. Zusammen werden 65 Strecken zu 44 Zielen angeboten. Auch auf der Langstrecke gibt es für Berlin Zuwachs: Im Juni fliegt Scoot, Ableger von Singapore Airlines, erstmals direkt von Berlin nach Singapur.

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