Wirtschaft Kommentar: Mit Augenmaß

Die Chemiebranche verändert sich gerade tiefgreifend. Die BASF setzt bei ihren Zukäufen auf Evolution statt auf Revolution.

Die Chemieindustrie erlebt derzeit die mit Abstand größten Fusionen und Übernahmen ihrer Geschichte. Auch wenn die nun angekündigte Übernahme des Polyamid-Geschäfts von Solvay für 1,6 Milliarden Euro zu den großen Akquisitionen der BASF-Geschichte gehört: Im Vergleich zu dem, was die Branche derzeit tiefgreifend verändert, ist sie geradezu klein. Die Fusion von Dow und Dupont, die Übernahmen von Monsanto durch Bayer oder die von Syngenta durch Chem-China: Mit einem Wert von jeweils 40 bis 70 Milliarden Dollar liegen sie um ein Mehrfaches über dem, was es bisher in der Branche gab. Die BASF kaufte 2016 für rund 2,9 Milliarden Euro den Frankfurter Lackspezialisten Chemetall. 2006 übernahmen die Ludwigshafener den US-Katalysatorenkonzern Engelhard für 3,8 Milliarden Euro, 2010 zahlte die BASF 3,1 Milliarden Euro für den Monheimer Spezialchemieproduzenten Cognis. 2008 berappte sie 3,8 Milliarden Euro für den Schweizer Chemiekonzern Ciba. Mit der Größe einer Übernahme wachsen auch ihre Risiken. Die BASF setzt hier auf Evolution statt auf Revolution. Und schlägt wohlüberlegt dort zu, wo eine Akquisition zu einem angemessenen Preis das eigene Angebot stärkt oder ergänzt. Das gilt nicht nur für die Produktpalette, sondern auch für den Zugang zu wichtigen geografischen Märkten. Der geplante Zukauf des Polyamid-Geschäfts von Solvay scheint das BASF-Geschäft gut zu ergänzen. Deshalb dürften negative Folgen für die Beschäftigten von Solvay und der BASF eher ausbleiben. Das gilt auch für das Stammwerk in Ludwigshafen, zumal der Schwerpunkt der Übernahme nicht in Deutschland, sondern in Frankreich liegt.

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