Wirtschaft Gier-Banker oder Krisenopfer?

Achteinhalb Jahre nach dem Debakel der Skandalbank Hypo Real Estate (HRE) wird der Fall nun strafrechtlich aufgearbeitet. Vor dem Kadi stehen ab kommendem Montag Ex-Chef Georg Funke und sein Kollege Markus Fell.

Georg Funke, Ex-Chef der Münchner Skandalbank Hypo Real Estate (HRE) war abgetaucht, erst auf der Ferieninsel Mallorca als Immobilienmakler, dann an unbekannten Orten. Nun, achteinhalb Jahre nach der Beinahe-Pleite seiner Bank, holt die Vergangenheit den 61-jährigen Westfalen ein. Als einer von zwei Angeklagten in einem Strafprozess vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München wird er ab kommendem Montag zwangsweise wieder zur öffentlichen Person. Dann arbeitet die Justiz den größten Bankenrettungsfall der Republik auf. „Der Prozess ist eigentlich schon gewonnen“, sagt Verteidiger Wolfgang Kreuzer. Der Jurist meint damit die mindere Schwere der nach jahrelangen Ermittlungen übrig gebliebenen Tatvorwürfe. Sein Mandant muss sich vor Gericht nicht wegen des Debakels um die zwangsverstaatlichte HRE verantworten. Das hatte den Steuerzahler 10 Milliarden Euro gekostet und in der Spitze Staatsgarantien von 124 Milliarden Euro nötig gemacht. Im Sitzungssaal 173 des Landgerichts München geht es auch nicht um Untreue. Dafür haben die Ermittler keine hinreichenden Verdachtsmomente gefunden. In ihrer Klageschrift wird in weiten Teilen allerdings das Bild dilettantisch handelnder Banker gezeichnet, die Managementfehler in Serie begingen und entscheidungsschwach waren. Ist das zu beweisen, wäre das zwar blamabel, aber nicht strafbar. Verhandelt wird unter Vorsitz von Richterin Petra Wittmann vielmehr wegen Verstößen gegen Rechnungslegungspflichten, was unspektakulär klingt. Dabei sollen Funke und sein mitangeklagter Vorstandskollege Markus Fell dafür zur Rechenschaft gezogen werden, dass die Lage der Bank in ihrer Bilanz 2007 und einem Halbjahresbericht 2008 zu positiv dargestellt wurde und Risiken verschwiegen wurden. An Hinweisen zum mangelhaftem HRE-Risikomanagement und der Notwendigkeit von Notfallplänen hat es damals laut Anklage nicht gemangelt. Wirtschaftsprüfer, die Bundesbank und auch die eigene Innenrevision hätten den Finger in die Wunde gelegt, seien vom Management aber ignoriert worden. Dass die Alarmglocken bei der HRE schrillten, haben Funke und Fell demnach gewusst, das aber öffentlich verschwiegen und die Öffentlichkeit bis zuletzt getäuscht. Fell soll Investoren noch am 25. September 2008 versichert haben, dass die HRE keine Liquiditätsrisiken plagten, obwohl ein Kniefall zum Erbetteln von Finanzhilfen intern schon beschlossen war. Zwei Tage später wurde die HRE mit Staatsgarantien von zunächst 35 Milliarden Euro gerettet, um einen um sich greifenden Finanz-Tsunami zu verhindern. Weitere Rettungsrunden folgten. Fell könnte sich der Marktmanipulation schuldig gemacht haben, was mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Funke drohen bei einer Verurteilung maximal drei Jahre Gefängnis. Die Verteidiger gehen nicht von einer Haftstrafe aus. Für Funke ist der Strafprozess auch wichtig, weil gegen ihn Schadenersatzklagen laufen und er selbst juristisch seinen Rauswurf als HRE-Vorstandschef anficht. Bei Letzterem geht es um 47.000 Euro Monatsrente und 3,5 Millionen Euro potenzielle Gehaltsnachzahlung. Dieses Begehr hat Funke den Ruf eines Gier-Bankers oder Banksters eingebracht. Es ist aber auch seiner wirtschaftlichen Situation geschuldet. In seiner Branche findet Funke keinen Job mehr, heißt es aus seinem Umfeld.

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