Wirtschaft Bei Elementarrisiko in der Pflicht

Extreme Wetterlagen richten immer wieder schwere Schäden an. Unser Bild zeigt ein durch Wasserfluten zerstörtes Haus im baden-wü
Extreme Wetterlagen richten immer wieder schwere Schäden an. Unser Bild zeigt ein durch Wasserfluten zerstörtes Haus im baden-württembergischen Braunsbach im Kochertal. Ende Mai 2016 kam es dort zu orkanartigen Regenfällen.

«Ludwigshafen». Dauerregen, vollgelaufene Keller, verwüstete Wohnungen: Vor Schäden durch Überschwemmungen ist niemand geschützt. Aber viele Hauseigentümer und Mieter sind gegen Starkregen und Hochwasser nicht versichert. Ein zur Jahresmitte gefasster Beschluss der 16 Bundesländer macht deutlich: Wer sich um einen Elementarschadenschutz nicht kümmert, kann im Ernstfall nicht mehr darauf vertrauen, Steuergelder zum Ersatz von zerstörtem Hab und Gut zu erhalten.

Für gerade einmal 40 Prozent der Gebäude in Deutschland besteht ein Versicherungsschutz gegen Elementarschäden. In Rheinland-Pfalz sind es weniger als 30 Prozent – obwohl Verbraucherschützer seit Jahren dringend raten, die eigene Wohngebäude- und Hausratversicherung um einen Elementarschadenschutz – dazu gehören Starkregen, Hochwasser, Erdrutsche und andere Naturgefahren – zu erweitern. „Gerade Starkregen-Ereignisse können überall und zu jeder Zeit auftreten. Wer sich dann nicht gegen Elementarschäden abgesichert hat, steht im Schadensfall möglicherweise vor dem Ruin“, sagt etwa Andreas Gernt, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Ein Beschluss der Regierungschefs aller Bundesländer macht die Vereinbarung einer Police nun noch dringlicher. Über Soforthilfen hinaus soll ein Geschädigter finanzielle Unterstützung nur noch unter einer Bedingung erhalten: dass er sich zuvor erfolglos um eine Versicherung bemühte oder die Vertragsangebote wirtschaftlich unzumutbar – sprich zu teuer – waren. „Niemand sollte jetzt noch darauf vertrauen, dass der Staat schon einspringen wird, wenn das eigene Haus oder der Hausrat von Hochwasser beschädigt wurde“, sagt Julia Gerhards, Beraterin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind gut 99 Prozent der Gebäude im Bundesgebiet gegen Überschwemmungen und Starkregen versicherbar. Allerdings kostet die Absicherung umso mehr, je höher das Risiko ist. Kein Vertragsangebot bekommen möglicherweise Interessenten an extrem gefährdeten Orten. Oder Betroffene erhalten Angebote, die sie nicht bezahlen können oder wollen. Vor diesem Hintergrund sollte jeder zunächst prüfen, ob seine bestehenden Gebäude- und Hausratversicherungen das Elementarschadensrisiko bereits mit abdecken, raten die Verbraucherschützer. Ist das nicht der Fall, sollten Vertragsangebote beim eigenen und anderen Versicherungsgesellschaften eingeholt werden. „Lehnen die Versicherer einen Elementarschadenschutz ab, sollten sich die Betroffenen die Ablehnung schriftlich geben lassen und aufbewahren“, empfiehlt Expertin Gerhards. Schriftlich fixieren sollten die Interessenten auch, wenn sie Offerten erhalten, die ihnen wegen einer zu hohen Jahresprämie oder einem hohen Selbstbehalt unerschwinglich erscheinen. „Hält jemand eine angebotene Versicherung für nicht bezahlbar, rate ich dazu, die eigene finanzielle Situation mit allen Einnahmen und Ausgaben zu dokumentieren und als Nachweis für später aufzuheben“, so Gerhards. Ob sich eine Behörde im Schadensfall davon beeindrucken lässt, wenn es um die Verteilung von Hilfsgeldern geht, steht auf einem anderen Blatt. Der Länder-Beschluss lässt offen, welche Prämienhöhe wirtschaftlich noch zumutbar ist. Um im Ernstfall nicht leer auszugehen, sollte jeder aber gut überlegen, wofür er sein Geld ausgibt. Experte Gernt: „Manche haben Vollkasko für ihr Auto, sparen aber an der Versicherung für ihr Haus.“ Wie viel der Elementarschadenschutz kostet, hängt außer von der Lage des Gebäudes auch von seiner Bauweise, dem Baujahr und eventuellen Vorschäden ab. Dass sich ein Preisvergleich lohnt, zeigte eine Studie der Stiftung Warentest im vergangenen Jahr. Demnach kann die Jahresprämie für ein Modell-Einfamilienhaus (Baujahr 1994) in Gebieten mit relativ geringem Hochwasserrisiko zwischen rund 110 und 570 Euro je nach Anbieter betragen. Laut GDV übernimmt eine Wohngebäudeversicherung mit Elementarschadenschutz die Kosten für die überschwemmungsbedingten Reparaturen im und am Haus sowie den Nebengebäuden (etwa Garage oder Schuppen), die Trockenlegung und Sanierung des Gebäudes, einen eventuellen Abriss sowie den Bau eines gleichwertigen Hauses. Schäden am Inventar des Gebäudes sind über die Hausratversicherung geschützt – sofern der Elementarschadenschutz eingeschlossen ist. Wie die einzelnen Bundesländer den Beschluss umsetzen werden, bleibt abzuwarten.

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