Wirtschaft Bayer misslingt der Schlussstrich unter Glyphosat-Streit

Das Mittel Roundup enthält Glyphosat und ist Gegenstand zahlreicher Klagen in den USA.
Das Mittel Roundup enthält Glyphosat und ist Gegenstand zahlreicher Klagen in den USA.

Der Agrarchemiekonzern Bayer ist vorerst mit dem Versuch gescheitert, im Glyphosat-Streit in den USA einen Schlussstrich zu ziehen und die Kosten für mögliche zukünftige Klagen zu deckeln.

Nachdem ein US-Richter am Mittwoch in Kalifornien einen Deal über zukünftige Klagen abgelehnt hatte, gaben die Leverkusener am Donnerstag einen Kurswechsel bekannt in dem Rechtsstreit, der seit der Übernahme von Monsanto 2018 schwelt. Es geht um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup, der Glyphosat enthält. Bayer betont, dass Roundup bei sachgemäßer Verwendung sicher sei.

Eine vom Gericht genehmigte Einigung über zukünftige Klagen peilt Bayer nun nicht mehr an, stattdessen geht man eigene Rechtswege. In dem Glyphosat-Streit in den USA ist Bayer gewissermaßen auf zwei Strängen unterwegs. 2020 einigte sich die Firma mit Klägern zu Fällen aus der Vergangenheit, 96.000 Fälle konnten inzwischen abgearbeitet werden. Bis zu 9,6 Milliarden Dollar (7,9 Milliarden Euro) stellt der Konzern bereit, um die Vergangenheit abzuhaken. Offen ist aber die Frage, was in der Zukunft passiert – was, wenn Menschen erst jetzt oder in einigen Jahren an Krebs erkranken und die Ursache hierfür in der Nutzung von Roundup sehen? Hierfür stellte Bayer ein 2 Milliarden Dollar schweres Paket bereit, zu dem es auch eine Einigung mit Anwälten der Verbraucherseite gab.

Richter lehnt Vorschlag ab

Mit dieser Einigung für die zukünftigen Fälle wollte Bayer verhindern, dass zukünftige Glyphosatklagen finanziell zu einem Fass ohne Boden werden. Damit der Deal gültig wird, fehlte aber noch die Zustimmung des US-Richters Vince Chhabria. Der äußerte mehrfach Bedenken und verschickte am Mittwoch einen Ablehnungsbescheid. Er monierte, dass der Lösungsvorschlag für die Roundup-Nutzer unangemessen sei, die derzeit noch nicht an einem Non-Hodgkin-Lymphom – also einer Krebserkrankung des lymphatischen Systems – leiden.

Rechtlich gesehen war in dem Verfahren zwar noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Dennoch zog Bayer die Reißleine und stieg aus dem Vergleichsverfahren aus. Der Richter habe keinen angemessenen Weg erkennen lassen, begründete Firmenchef Werner Baumann die Entscheidung zum Verfahrensausstieg am Donnerstag. Bayer habe alles unternommen, um die Regelung unter Dach und Fach zu bringen. Der Beschluss von Chhabria lasse aber keinen anderen Schluss zu, als dass das Gericht „den Lösungsmechanismus nicht ohne weitere erhebliche Änderungen genehmigen“ würde. Solche Änderungen seien nicht im Interesse von Bayer

Aktienkurs sackt ab

Baumann wollte den Eindruck vermitteln, dass sich die Position von Bayer im Glyphosatstreit nicht verschlechtert habe. Dennoch sackte der Aktienkurs am Donnerstag um etwa 4 Prozent auf rund 53 Euro ab. Vor der ersten Schlappe in einem Glyphosat-Prozess 2018 hatte die Aktie noch gut 93 Euro gekostet. Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bewertete die Entscheidung des Gerichts als Rückschlag für den Konzern. „Das ist sicher zunächst ein schlechter Tag für Bayer, weil es damit weiterhin offen ist, wie teuer zukünftige Glyphosat-Klagen werden könnten“, sagte Tüngler. So eine Unsicherheit möge kein Aktionär.

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