Sport WM-Tagebuch: Ein Tummelplatz alter Heroen

Der Kölner Dom inmitten einer Winterlandschaft – das ließen sich viele nicht entgehen und schossen tüchtig Fotos am Dienstagabend, als es so richtig schneite. Am Mittwoch schmolz der Schnee zwar schon wieder, der Dom stand trotzdem im Blickpunkt. Wie immer. Viele Gäste waren kurz vor 12 Uhr jedoch ziemlich enttäuscht – zwischen 11.30 Uhr und 12.30 Uhr ist jeden Tag Gottesdienst. „Und zwar seit 100 Jahren“, betonte ein Dom-Angestellter, der als Ordner die nicht so einfache Aufgabe hatte, all den Besuchern zu erklären, warum sie gerade jetzt nicht bis zum Altar marschieren dürfen. Sechs Millionen Dom-Besucher zählt die Stadt jährlich, informierte er. Was für ein Magnet. Ich wunderte mich in diesen Tagen, wie viele Städtereisende es auch im Januar gibt, die zu wahrlich unwirtlichen Bedingungen tapfer durch die Straßen tapsen. Berlin erst! Bei einem Spaziergang über die Museumsinsel habe ich drei Gruppen gleichzeitig entdeckt, die von ihrem Touristenführer auf Englisch, Spanisch und vermutlich Japanisch eingewiesen wurden. In einem Bus habe ich auch mit zwei älteren brasilianischen Frauen gesprochen. Der Sohn der einen Dame studiert in Portugal, und da nutzten sie die Chance für eine Europa-Tour. Wir kamen ins Gespräch, weil sie sich wunderten: Sie wollten beim Busfahrer bezahlen, und der winkte einfach nur ab. Das beschäftigte sie. Mein Hotel in Köln lag unweit des Neumarktes. Es ist ein charmantes Viertel. Schöne Cafés, ein kleiner Laden nur mit Köstlichkeiten aus der Bretagne, ein Büchergeschäft mit reduzierten Ausgaben und ja, auch ein Platten- und CD-Laden. So etwas sieht man im Streaming-Zeitalter ja fast gar nicht mehr. „Und, wie läuft es bei Ihnen?“, fragte ich den Angestellten. „Gut. Da wir Ankauf und Verkauf haben, können wir alles recht günstig anbieten“, antwortete er. Ein Tummelplatz alter Heroen. Eine Fundgrube. Was es einst alles gab! Kid Creole and the Coconuts, Matt Bianco, Grobschnitt und Novalis. Sagenhaft. Schnee von vorgestern. Kurz nach 8 Uhr saß ich gestern bereits im Zug nach Hamburg.

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