Fußball Hotel für Nationalmannschaft: Vier-Sterne müssen reichen

Rund 150 Millionen Euro hat der DFB-Campus gekostet, der im vergangenen Sommer eingeweiht wurde.
Rund 150 Millionen Euro hat der DFB-Campus gekostet, der im vergangenen Sommer eingeweiht wurde.

Weil der finanziell angeschlagene Deutsche Fußball-Bund den Rotstift ansetzt, muss auch die Nationalmannschaft auf gewohnten Luxus verzichten. Wohnt ein Teil vom Tross vielleicht schon bald bei Länderspielen auf dem Campus?

Ortskundige wissen, dass die Wege von der Frankfurter Messe auf die andere Mainseite zu Stoßzeiten sehr stauanfällig sind. Hohes Verkehrsaufkommen, verringerte Fahrspuren und natürlich Baustellen machen solche Fahrten oft zur Geduldsprobe. Insofern verwundert schon, dass sich die deutsche Nationalmannschaft ab nächsten Montag täglich durch dieses Nadelöhr zwängen wird.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat für die ersten Länderspiele gegen Peru in Mainz (25. März) und gegen Belgien in Köln (28. März) nach der auf allen Ebenen vermasselten WM in Katar mal schnell das Domizil gewechselt: Statt im noblen Kempinski Gravenbruch in Neu-Isenburg nächtigen Joshua Kimmich und Co. ab dem 20. März im Meliá Frankfurt City. Ein durchaus spektakulärer, weil wabenförmig angelegter Wolkenkratzer – und ein Vier- statt Fünf-Sterne-Hotel.

Absturz aus der Champions League

Ob damit die von Sportdirektor Rudi Völler beschworene Bodenständigkeit demonstriert wird, möchte niemand beim DFB bestätigen. Es ist aber inzwischen publik, dass der finanziell kräftig in die Miesen gerutschte Verband überall den Rotstift ansetzt. Auch beim Aushängeschild, an dessen Tropf der größte Einzelsportverband der Welt laut Schatzmeister Stephan Grunwald hängt. „Ist die Nationalmannschaft erfolgreich, geht es dem DFB gut.“ So deutlich hat das noch keiner seiner Vorgänger formuliert.

Weil der wie DFB-Präsident Bernd Neuendorf vor genau einem Jahr in Bonn ins Amt gehievte Hüter der Zahlen deutliche Worte mag, verglich Grunwald den Absturz der Nationalelf mit einem Verein, „der aus der Champions League in die Zweite Liga durchgereicht wird.“ Für zweitklassigen Fußball zahlen auch Sponsoren nicht mehr erstklassige Beträge. Der Imageverlust kommt zum sportlichen Absturz erschwerend hinzu.

Familienfreundlich geht anders

Im Vorlauf zur Heim-EM 2024 müssen viele Gräben zur Basis wieder geschlossen werden. Um das Team wieder näher an die Menschen zu bringen, reicht es nicht, dass „Tante Käthe“ ein freundliches Gesicht macht. Insofern ist verwunderlich, dass Karten auf der Gegengerade in der Mainzer Arena für die Peru-Partie stolze 80 Euro kosten. Und dass dieses Freundschaftsspiel an einem Samstag wieder erst um 20.45 Uhr beginnt. Familienfreundlich geht definitiv anders.

Neuendorf hat sich persönlich „ins Pflichtenheft“ geschrieben, dass „wir es punktuell hinbekommen, ein, zwei Spiele früher zu zeigen“. In die Gespräche zu früheren Anstoßzeiten seien viele Player involviert, und wie so oft geht’s auch hier ums Geld: Wird ein Länderspiel um 18 statt 20.45 Uhr ausgetragen, fehlt mal eben ein siebenstelliger Betrag in der Kasse. Das ist deshalb zu beachten, weil sich die nächsten Monate ohnehin innerhalb des DFB ein zähes Ringen um Einsparpotenziale ankündigt.

Campus-Zimmer eher für Junioren gedacht

„In Arbeitskreisen diskutieren wir gerade, welche Projekte für den Verband Priorität haben“, sagt Grunwald. Alles soll auf den Prüfstand kommen, und dabei sind wohl auch einige Zukunftsthemen betroffen, die speziell der Traditionalist Völler als zu abgehoben findet. Klar, dass Akademieleiter Tobias Haupt, ein enger Bierhoff-Vertrauter, nicht in Jubelstürme ausbricht, wenn ihm die Finanzierung einiger innovativer Ansätze entzogen wird.

Dass viel mehr hinterfragt wird als in den am Ende ziemlich abgehobenen Zeiten unter Oliver Bierhoff, zeigt auch dieses Detail: Eigentlich war der noch von Bierhoff projektierte Campus nie dafür gedacht, dass in den 33 Zimmern die Stars des deutschen Fußballs nächtigen. Nicht mal die Frauen hatten in der Vorbereitung auf die EM in England im Sommer 2022 die eher funktionellen Übernachtungseinheiten genutzt, denn der Trakt ist eigentlich für Juniorenteams, Schiedsrichterfortbildungen oder andere Gruppen gedacht.

„Die begrenzte Anzahl der Zimmer auf dem Campus war immer so geplant“, sagt Grunwald. „Es war nie vorgesehen, dass eine A-Nationalmannschaft mit ihrem kompletten Staff hier wohnt.“ Das sei auch wirtschaftlich die richtige Entscheidung gewesen. Nun allerdings hat der Schatzmeister zugegeben, dass innerhalb des Präsidiums sehr wohl drüber diskutiert wird, ob ein Teil des Trosses des A-Teams hier unterkommt. Spieler, Trainer und Betreuer bei der Nationalmannschaft aus Kostengründen räumlich zu trennen – das müsste Bundestrainer Hansi Flick gut erklärt werden.

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