Sport Gold ja, Weltrekord nein

Alle Augen – und Fotoobjektive – auf den Superstar: Usain Bolt nach seinem Sieg über 200 Meter.

Na, na, na. Erst hat Usain Bolt seine Hyperaktivität vor dem Start wieder mal zur Schau gestellt, dann im Ziel vor lauter Ärger die Startnummern von den Beinen gerissen und weggeworfen. Zwar feierte er in Rio planmäßig seine zweite Goldmedaille, aber den Weltrekord verfehlte er.

Bolt lief die 200 Meter in 19,78 Sekunden und ließ keinem eine Chance auf der regennassen glitzernden Bahn, über die der Wind fegte. Silber hinter Bolt sicherte sich in 20,02 Sekunden der Kanadier Andre de Grasse, Bronze ging überraschend an den Franzosen Christophe Lemaitre (20,12). „Ich wollte immer schon unter 19 Sekunden laufen“, hatte er vor den Spielen gesagt, und überspielte die gescheiterte Mission nach seinem Lauf ganz locker: „Ich habe der Welt bewiesen, dass ich der Größte bin. Dafür bin ich hier und das mache ich auch. Das sind meine letzten Olympischen Spiele, ich kann nichts anderes mehr beweisen“, betonte Bolt. Die Staffelentscheidung, bei der er seine dritte Goldmedaille von Rio holen wollte, fiel in der vergangenen Nacht. Kai Kazmirek, der 25-jährige Zehnkämpfer aus Sankt Sebastian am Rhein, lag da, ausgepumpt und mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Er wusste eigentlich schon vor dem abschließenden 1500-m-Lauf, dass er nicht mehr in den Medaillenkampf um die Krone in der Leichtathletik eingreifen kann, aber er war auf Kurs zu einer neuen Bestleistung. Mächtig stolz machte er dann in der Mixed Zone Halt. „100 Punkte über meiner bisherigen Bestleistung“, sagte der WM-Sechste von 2015, „es hat total viel Spaß, und das ist ja kein Wald- und Wiesensportfest hier.“ Kazmirek notierte 8580 Punkte, im Weitsprung (7,69 m), über 400 Meter (46,75 sec) und mit dem Speer (64,60 m) schaffte er Bestleistungen. Er musste aber dem Franzosen Kevin Mayer (8834 Punkte) und dem Kanadier Damian Warner (8666 Punkte) den Vortritt lassen. „König der Athleten“ bleibt Ashton Eaton mit 8893 Punkten, der an seinen vor einem Jahr bei der WM aufgestellten Weltrekord (9045 Punkte) nicht dran kam. Arthur Abele aus Ulm wurde 16. Er kam im 1500-m-Lauf fast nicht mehr ins Ziel, konnte nur 80 Prozent abrufen konnte, weil ihn Knie- und Achillessehnenschmerzen plagten. Aber er hat sich durchgebissen. „Ich glaube, ich werde mich morgen nicht aus dem Bett bewegen. Dann muss mir jemand Frühstück bringen“, sagte er. Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) war mit ihren 22 Jahren gar nicht die jüngste im Feld der Speerwerferinnen, am Ende aber die Zwölfte und Letzte (siehe Interview auf dieser Seite). Noch ein Jahr jünger ist die Kroatin Sara Kolak, eine Außenseiterin, die mit Landesrekord auf 66,18 Meter im vierten Versuch die schwächelnde Konkurrenz schockierte. Dem nichts entgegenzusetzen hatte Linda Stahl, die Olympiadritte von London, in ihrem letzten Wettkampf ihrer großen Karriere, für den sie sich so viel vorgenommen hatte. „Tja, das Finale war ganz schnell vorbei, eigentlich bevor es so richtig angefangen hat. Wenn ich eine Lösung gefunden hätte, hätte ich noch einen losgelassen…“ War aber nicht. Mit 59,71 Meter wurde sie Elfte, und die, um deren Startplatz es am meisten Diskussionen gab, weil ihn auch gerne Weltmeisterin Katharina Molitor gehabt hätte, nämlich Christina Obergföll, die ja schon zwei Olympiamedaillen hat, belegte als beste Deutsche Platz acht, konnte also ein Debakel der deutschen Speerwurffrauen nicht verhindern. „Die Chance war heute greifbar nah, noch mal eine Medaille mit nach Hause zu nehmen – eine 64 hoch hätte ich mir wirklich zugetraut. Andererseits habe ich im dritten Versuch angefangen zu würgen und mein Technikmuster verloren“, sagte sie. Wirklich glücklich war die Weltmeisterin von 2013 mit ihren 62,92 Meter nicht. „Es war wie in der ganzen Saison, es war wirklich schlecht. Ich hätte auch aus dem Stand stoßen können. Es fehlte die Wahnsinnskonstanz und der Antrieb des letzten Jahres“, sagte David Storl, der zweifache Kugelstoßweltmeister, der über den Winter von einer langwierigen Patellasehnenentzündung geplagt worden ist. Mit 20,64 Meter kam er auf Rang sieben. Zum Sieg des 23 Jahre alten US-Amerikaners Ryan Crouser meinte er: „Das ist ein Wort. 22,52 Meter hat lange keiner mehr gestoßen, aber, na ja. Seine Entwicklung kann ich nicht erklären“. Dann schaute er vielsagend unter sich und grinste.

 „Das ist schon enttäuschend, das Ganze“: Kugelstoßer David Storl hatte sich viel mehr von Olympia erhofft als Rang sieben.
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