Wahl zum Sportler des Jahres Für Alexander Zverev ist der Olympiasieg das Größte

Er kann nicht weit springen, sie kann nicht Tennis spielen, das gaben Malaika Mihambo und Alexander Zverev zu Protokoll. Und doc
Er kann nicht weit springen, sie kann nicht Tennis spielen, das gaben Malaika Mihambo und Alexander Zverev zu Protokoll. Und doch: In Tokio holten sie Olympiagold und in Baden-Baden den deutschen Sport-Oskar.

Ehrlicher und feierlicher geht’s nicht: Die deutsche Sportfamilie würdigt mit großem Applaus die Wahl von Malaika Mihambo, Alexander Zverev und des Frauen-Radvierers zu den deutschen „Sportlern des Jahres“. Und einer, ein Vorbild des Sports, erzählt in Baden-Baden, weshalb er zum ersten Mal erlebte, wie seine Kinder die Stiefel an Nikolaus vor die Tür stellten.

Der Sport schreibt Geschichten und gebiert Mythen. Kristina Vogel sagte diesen Satz am Sonntag auf der Bühne in Baden-Baden – inmitten einer Sportfamilie in freudiger Weihnachtsstimmung. Es gibt ja nicht immer nur schöne, herrliche, himmlische Geschichten, wie die seit ihrem Trainingsunfall im Juni 2018 an den Rollstuhl gefesselte Bahnrad-Olympiasiegerin weiß. Aber an diesem Abend, an dem zum 75. Mal die „Sportler des Jahres“ gekürt wurden, hatten Emotionen freudiger Natur eindeutig Vorfahrt – trotz Corona.

Mit einem Blumenkränzchen im Haar betonte Vogel die Frauenpower im deutschen Sport, als sie die Laudatio auf den Bahnradvierer hielt: „Ihr steht hier als Vorbilder, ich bewundere euch“, rief sie der Mannschaft des Jahres zu. Der Bahnradvierer, wohlgemerkt der der Männer, bedient wie der Ruderachter, der männliche, seit den Tagen, als Bundestrainer wie Gustav Kilian und Karl Adam zu Erfolgsschmiede wurde, einen Mythos im Sport – sie waren und sind deutsche Flaggschiffe.

Kristina Vogel hat dem Abend den richtigen Dreh verliehen, und dem ZDF gelangen nicht nur mit dem Einspielen von bedeutenden, lustigen und tränenreichen olympischen Momenten, sondern auch mit der Auswahl von Laudatorinnen und Laudatoren echte Glücksgriffe. Gerade von einem Hirntumor genesen, tat Elena Semechin, geborene Krawzow, die Paralympics-Siegerin im Schwimmen, herzergreifend kund, wie schnell sich ein Leben ändern kann. „Ich habe das am eigenen Leib erfahren, und deshalb ist es ein besonderer Moment, dass ich heute hier stehen und die Laudatio halten kann auf eine inspirierende junge Frau“. Auf Malaika Mihambo.

Mit Trainer Uli Knapp zusammengewachsen

Beide, Elena wie Malaika, sind echte Kämpferinnen. „Dieses Jahr war nicht einfach, es war steinig, hart und nicht so von Erfolg gekrönt, deshalb bedeutet mir diese dritte Trophäe am meisten“, sagte Mihambo, der der Oskar-Hattrick gelang, in der Pressekonferenz nach der Fernsehaufzeichnung. Mit Anlaufproblemen in die Saison gestartet, mit Olympiagold aus ihr herausgegangen – nicht zuletzt dank ihres Trainers Uli Knapp in Saarbrücken, der schon den Böhl-Iggelheimer Christian Reif zum EM-Titel 2010 geführt hatte. „Ich bin mit Uli Knapp zusammengewachsen. Es war als Übergangssituation geplant, dann stellte sich schnell heraus, dass wir menschlich harmonieren, technisch und fachlich gut klar kommen“, sagte die Weitspringerin aus Oftersheim, die vor 18 Monaten zu Carl Lewis in die USA wollte. Dann kam das Coronavirus. „Ich möchte da jetzt bleiben. Das Schöne ist, dass Uli auch ein Mensch ist, der gerne nach draußen geht und an Trainingsmethoden anderer Trainer aus anderen Ländern interessiert ist. Vielleicht gehen wir gemeinsam in die Welt, schauen mal in Houston vorbei“, sagte die Sportlerin des Jahres.

Weltreisender – das ist Alexander Zverev auf alle Fälle. Locker und einnehmend hat er sich verkauft, vor den Journalisten – und da für einen halbe Stunde ohne Freundin Sophia Thomalla – noch mal offener als vor den Kameras. Dort verriet Bruder Mischa, ein emotionales Weichei, wie er selbst betonte, dass es nicht nur in Wimbledon einen heiligen Rasen gibt, sondern auch im eigenen Garten der Familie und dass genau diese Garant des Erfolgs sei. Mit Mischa gründete er seine eigene Managementfirma, um selbst entscheiden zu können, „was ich tue und was ich lasse“. Und hier, vor den Journalisten, zog Zverev einmal mehr die deutsche Karte. „Ich bin hier geboren und aufgewachsen, Deutschland ist meine Heimat“, betonte er.

Grand Slam gewinnen und Nummer eins werden

Zverev, das neue deutsche Solo-Flaggschiff? „Der Olympiasieg ist in meinen Augen das Größte, was man als Sportler erreichen kann“, sagte er: „Ich habe zwei Ziele. Ich will einen Grand Slam gewinnen und die Nummer eins der Welt werden. In Australien habe ich die Chance, beides gleichzeitig zu erreichen“. Während Malaika Mihambo sich auf ein Weihnachten mit der Familie und einem guten Essen freut und sicher auch die in Baden-Baden geschenkte Ukulele ausprobieren wird, trainiert Zverev an Heiligabend acht Stunden, am 26. Dezember geht’s dann Richtung Australien.

Wettkämpfe und Training in Übersee hat Kanute Ronald Rauhe hinter sich gelassen. Er ging mit 40 in die Sportlerente und hat zum ersten Mal erlebt, wie seine Kinder „an Nikolaus die Stiefel rausstellen“. Für seine einzigartige Karriere bekam er den Sparkassenpreis für Vorbilder im Sport. „Es macht mich wirklich stolz, weil der Preis genau das beschreibt, wie ich Sport gelebt und interpretiert habe. In meiner Welt des Sports geht es nicht immer nur um Leistung und Medaillen, sondern darum, Werte zu vermitteln und Charaktereigenschaften zu entwickeln. Für mich ist es mehr wert als so manche Medaille zu sehen, dass ich was ich hinterlassen habe“, sagte Ronald Rauhe.

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