Sport Einer wie die Feuerwehr

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Gevelsberg. Pfarrer Thomas Weber gehört der Delegation des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Rio de Janeiro an. Der evangelische Seelsorger steht vor seinen dritten Olympischen Sommerspielen.

Es wird auch in Rio de Janeiro Sportler geben, die flehentlich in Richtung Himmel schauen, weil sie sich Hilfe von höchster Stelle erhoffen. Letztlich wird das aber keine Unterstützung bringen, denn auf der Tartanbahn, im Stadion oder im Schwimmbecken müssen die Athleten ohne sakrale Unterstützung Leistung bringen. Völlig ohne seelischen Beistand sind die deutschen Sportler dennoch nicht: Thomas Weber ist ja da! „Ich bin wie die Feuerwehr. Die steht immer bereit, aber man braucht sie hoffentlich trotzdem nicht“, sagt Weber. Der 56-Jährige ist Gemeindepfarrer in Gevelsberg und gehört seit den Winterspielen 2006 in Turin bei allen Großereignissen zum Stamm der Delegation. „Das ist ursprünglich durch den Arbeitskreis Kirche und Sport entstanden“, berichtet Weber, wie die nicht alltägliche Zusammenarbeit zustande kam. Seit den 1960er Jahren arbeiten die Kirchen in Deutschland und der Spitzensport zusammen. Gemeinsames Ziel sind nicht Medaillen und Erfolge, sondern unter anderem die Förderung des christlichen Lebens im Sport. Das klingt abstrakt, hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten aber als fruchtbares Miteinander erwiesen. Die Vertreter der Kirchen missionieren nicht, sondern sind bemüht, als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Das wird auch bei den Spielen von Rio wieder so sein. Weber kam zu seinem Job als „Olympia-Pfarrer“ wie die Jungfrau zum Kinde. Einige Kollegen waren nicht abkömmlich oder hatten keine Lust, so dass Weber zum Zug kam. Erstmals war das anlässlich der Universiade im Jahr 2003. „Ich war die Nummer sieben in der Liste“, erinnert sich der Seelsorger. Mittlerweile ist er froh, regelmäßig mit den besten Athleten der Republik zu einem Großereignis reisen zu können. „Es ist ein Traum für mich, dabei zu sein“, gesteht er. Damit decken sich seine Emotionen mit denen der Sportler, für die er als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Weber liebt den Sport, nur dem professionellen Fußball steht er kritisch gegenüber. Zu wenig Tiefe attestiert er der Sportart Nummer eins in der Republik. „Ich lerne tolle Menschen kennen und führe sehr interessante Gespräche“, kommt Weber beim Gedanken an seine „olympischen Erfahrungen“ ins Schwärmen – den Fußball benötigt er dazu nicht. Der Pfarrer wohnt nicht im Olympischen Dorf, ist aber bei den offiziellen Anlässen des DOSB mit von der Partie und darüber hinaus fast immer im Deutschen Haus anzutreffen. Dort ergeben sich Gelegenheiten, um mit dem Geistlichen in Kontakt zu treten. Wenn die Anspannung der Athleten abfällt, ergeben sich oftmals „wunderbare Gespräche“, erzählt Weber. Dabei geht es nicht darum, enttäuschte Sportler als Notfall-Seelsorger aufzumuntern. „Das kommt so gut wie nicht vor“, sagt Weber. Es gehört auch zu den Ausnahmen, dass er angesprochen wird, um sich gezielt um einen Athleten zu kümmern. „In der Regel sind die Olympia-Teilnehmer ohnehin so fokussiert auf ihre Aufgabe, die befinden sich in ihrem eigenen Tunnel.“ Erzwungene Dialoge würden da keine Hilfe bedeuten. Die „Olympia-Pfarrer“ wie Thomas Weber sind vielmehr stille Begleiter, die positive Emotionen hervorrufen möchten. Das gelingt oft, denn wenn die Sportler zufällig erfahren, dass auch Geistliche zur offiziellen Delegation gehören, sind die Reaktionen fast immer positiv. „Wir Pfarrer sind bei Olympischen Spielen irgendwie Exoten“, erzählt Weber. Das führt dazu, dass sich oft Gespräche abseits des Wettkampfstresses entwickeln. „Da geht es dann im wahrsten Wortsinn um Gott und die Welt“, erklärt der Gevelsberger und muss schmunzeln. Am Freitag beginnen die Spiele. Der Kirchenmann ist mittendrin.

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