Sport Ein Tor liegt in der Luft

Der Ballverteiler: Joshua Kimmich, links Toni Kroos.
Der Ballverteiler: Joshua Kimmich, links Toni Kroos.

«München.» Sie haben es verstanden: Im ersten Spiel nach der desolaten WM in Russland holte die deutsche Nationalmannschaft gestern Abend in München ein 0:0 gegen den Weltmeister Frankreich. Das Unentschieden in der Nations League geht absolut in Ordnung. Fazit: Das war ein guter Neustart! Frankreichs Ersatztorhüter Alphonse Areola bewahrte seine Elf vor einer Niederlage.

Es war dann auch wirklich Zeit, dass es los ging. Genug gesprochen war über den Tag der Wiedergutmachung, über den Neustart, über die Rehabilitation und wie viel Ballbesitz es denn wirklich sein darf. Alles neu macht der September? Die WM hat Wirkung gezeigt. Bundestrainer Joachim Löw ging das Spiel sehr vorsichtig an. Vier reine Innenverteidiger standen auf dem Feld, und es waren ausnahmslos Spieler, die international schon Erfahrung haben. Das war auch eine Steigerung gegenüber der WM 2014 in Brasilien, wo Deutschland mit drei Innenverteidigern Weltmeister wurde. „Wir haben einen größeren Fokus auf die defensive Stabilität gelegt“, bekannte Mats Hummels, für den schon wieder eine bessere Balance zwischen Defensive und Offensive zu sehen war. Thomas Müller erklärte, es gehe dem Team darum, den Kredit zurückzuholen, der im Sommer verspielt worden ist. Das WM-Aufsteigerchen Julian Brandt saß erst einmal auf der Bank, dafür rückte mit dem Mönchengladbacher Matthias Ginter ein weiterer Sicherheitsangestellter rein. Ginter überzeugte als Rechtsverteidiger. Die größte Überraschung bestand aber nicht darin, dass Marco Reus Spitze spielte, sondern dass Joshua Kimmich von seiner rechten Außenverteidigerposition abkommandiert wurde und plötzlich als einziger „Sechser“ agieren durfte. Das Konzept ging größtenteils auf. Die deutsche Mannschaft hatte die Franzosen, die bis auf den verletzten Torhüter Hugo Lloris exakt mit dem Team spielten, das das WM-Finale 4:2 gegen Kroatien gewann, eine halbe Stunde gut im Griff. Sie hatte viel mehr vom Spiel, fing die französischen Angriffe schon früh ab. Die in den heißen Sommermonaten intensiv diskutierte fehlende Balance im deutschen Spiel war gestern kein Thema, die Mittelfeldspieler legten zügig den Rückwärtsgang ein. So kam der Champion vor der Pause nur zu zwei hochkarätigen Chancen. Nach einer Flanke von N’Golo Kanté köpfte Olivier Giroud, Manuel Neuer hielt glänzend. Immer wenn der pfiffige Kylian Mbappé ansetzte, hieß es aber: Achtung. Kurz vor dem Abpfiff der ersten Halbzeit lag das 1:0 in der Luft. Antonio Rüdiger hatte auf der linken Seite viel Platz, seine Flanken waren aber unpräzise. Einen Eckball von Toni Kroos verpasste er. Größte Gefahr für des Gegners Tor bestand, als Timo Werner in der 18. Minute freie Schussbahn hatte, Alphonse Areola parierte. Werner spielte – wie bei der WM-Vorrundenpartie gegen Schweden – Linksaußen. Werner war noch der auffälligste deutsche Angreifer, Thomas Müller fiel nach starkem Beginn ab, Marco Reus fremdelte mit seiner neuen Rolle als falscher Neuner. Aber die Anspiele waren auch oft einen Tick zu unpräzise. In der 56. Minute hätte Toni Kroos Stürmer Werner auf die Reise schicken müssen, aber er zögerte. In der nächsten Sequenz setzte sich Werner durch, scheiterte erneut an Areola. Der effektivste deutsche Angriff in der 64. Minute: Doppelpass auf der rechten Seite, Pass von Matthias Ginter zu Marco Reus – und dessen Direktabnahme bekam Keeper Areola wieder zu fassen. Forsch: Abwehrspieler Mats Hummels, der einen Konter in der 72. Minute selbst einleitete – und auch noch abschloss. Stark! Am Ende war die deutsche Mannschaft dem 1:0 näher als Frankreich. Zeitweise zog das Team nun ein richtiges Powerplay auf. Gegen den Weltmeister! Aber Areola war einfach nicht zu bezwingen. so spielten sie Deutschland: Neuer - Ginter, Boateng, Hummels, Rüdiger - Kimmich - Goretzka (66. Gündogan), Kroos - Müller, Werner - Reus (83. Sané) Frankreich: Areola - Pavard, Varane, Umiti, Lucas - Pogba, Kanté - Mbappé, Matiudi (85. Tolisso) - Griezmann (80. Fekir) - Giroud (66. Dembélé) Beste Spieler: Neuer, Ginter, Werner - Areola, Mbappé, Griezmann - Zuschauer: 67.485 (ausverkauft) - Schiedsrichter: Orsato (Italien).

Benjamin Pavard versucht, Timo Werner zu stoppen.
Benjamin Pavard versucht, Timo Werner zu stoppen.
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