Fussball DFB-Pokalfinale: Wolfsburgs neue Erfahrungen

Wolfsburger Jubel (von links): Ingrid Syrstad Engen, Fridolina Rolfö und Pernille Harder.
Wolfsburger Jubel (von links): Ingrid Syrstad Engen, Fridolina Rolfö und Pernille Harder.

Es war ein ausgesprochen umkämpftes, niveauvolles, phasenweise dramatisches DFB-Pokal-Finale zwischen den Frauen des VfL Wolfsburg und der SGS Essen, in dem es nach der regulären Spielzeit und nach der Verlängerung jeweils 3:3 stand. Am Ende siegte der Favorit – und es gibt viel Lob für das Team aus Essen.

Im Stadioninneren sollte Stephan Lerch gerade etwas über die nächste Titelchance seiner Mannschaft sagen, da legten die frisch gekürten Pokalsiegerinnen aus Wolfsburg draußen auf dem Rasen beim Feiern so richtig los. Als hätten sie gespürt, dass ihr Coach nebenan noch eher lustlos über das Finalturnier in der Champions League, Ende August im Baskenland, sprach, lebten sie das Hier und Jetzt entschlossen aus. Etwa 15 VfL-Spielerinnen hüpften tanzend über den Platz, grölten begeistert den Party-Song „Johnny Däpp“ und stießen mit ihren Bierflaschen auf den 4:2-Erfolg im Elfmeterschießen an.

Den Dauersiegerinnen vom Mittellandkanal, die inzwischen beim vierten Double in Folge und beim sechsten – Rekord – Pokalsieg in Serie angelangt sind, servierte der Nachmittag in Köln-Müngersdorf dabei völlig ungewohnte Erfahrungen. Zum Beispiel das Gefühl, auch mal ins Hintertreffen geraten zu können.

Ausgleich in der Nachspielzeit

Die furiosen Fußballerinnen von der SGS Essen, die die Liga-Partien gegen den VfL deutlich verloren hatten (1:5, 0:3), vollbrachten dieses Kunststück zwei Mal: Nach elf Sekunden durch Nationalspielerin Lea Schüller – und nach 18 Minuten durch Innenverteidigerin Marina Hegering, die wie Schüller im Sommer zu Wolfsburgs schärfstem Liga-Konkurrenten Bayern München wechselt. „Das haben wir ja nicht so oft, dass wir einem Rückstand hinterher laufen müssen. Da muss man cool bleiben“, sagte der 35-jährige Lerch, nachdem Pernille Harder zügig und Anna Blässe Mitte der zweiten Halbzeit egalisiert hatten.

Vier Minuten vor Schluss schien durch das Kopfballtor der Niederländerin Dominique Bloodworth das drohende Nachsitzen umgangen. Doch der eingewechselten Irini Ioannidou gelang für Essen mit einem direkt verwandelten Freistoß in der Nachspielzeit nochmals die Wende. Sehr zum Verdruss von Torfrau Friederike Abt, die später zur eigenen Erleichterung noch zwei Strafstöße parierte. „Ich ärgere mich sehr über das 3:3. Umso schöner ist es, dass ich dem Team mit zwei gehaltenen Elfmetern helfen konnte“, erklärte die gebürtige Bielefelderin.

„Wir haben sehr viel Herz gezeigt“

Während Essens Kapitänin Hegering etwas spitz kommentierte: „Wir haben sehr viel Herz gezeigt. Am Ende ist nicht unbedingt der verdiente Sieger auf dem Podest.“ Ein Satz der künftigen Bayern-Spielerin, der den Ehrgeiz der Wolfsburgerinnen mutmaßlich weiter anheizen wird.

„Wir hätten es gerne ein bisschen anders gelöst“, bekannte denn auch Übungsleiter Lerch angesichts der ungewohnten Probleme, die die SGS seiner Mannschaft bereitete. Und befragt nach der Leistung der Essener Mittelfeldspielerin Lena Oberdorf, einem der größten Talente im Land, sagte er: „Das sind natürlich auch Spiele, die sie, die uns weiterbringen. Weil wir sehen, wo wir uns noch verbessern können.“ Zum Schrecken der seit Jahren distanzierten Konkurrenz hat der VfL für die nächste Saison schon mal beim Personal nachgelegt: Die 18-jährige Oberdorf, jüngste deutsche WM-Spielerin der Geschichte, wechselt aus Essen nach Wolfsburg. Und vom FC Bayern kommt Nationalverteidigerin Kathrin Hendrich (28).

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