Fussball 1. FC Saarbrücken gelingt gegen Gladbach Pokal-Coup Nummer vier

Geschafft: Riesenjubel beim Team des Drittligisten 1. FC Saarbrücken nach dem Pokaltriumph über Borussia Mönchengladbach.
Geschafft: Riesenjubel beim Team des Drittligisten 1. FC Saarbrücken nach dem Pokaltriumph über Borussia Mönchengladbach.

Bayern und Gladbach? Mal eben aus dem Weg geräumt. Jetzt kann der nächste mehrfache Deutsche Meister gerne kommen. Mit einem 2:1 (1:1)-Sieg über Borussia Mönchengladbach hat der 1. FC Saarbrücken am Dienstagabend auch die Viertelfinalhürde im DFB-Pokal genommen. Der Vater des Erfolgs aber wähnte sich längere Zeit im falschen Film.

Beinahe unbemerkt, auf alle Fälle unbehelligt durfte sich Rüdiger Ziehl zwischen Kameras und Kühlschrank zur Kaffeemaschine hindurch mogeln. Eine gute halbe Stunde nach dem Schlusspfiff eines denkwürdigen Spiels war der Trainer und Manager des 1. FC Saarbrücken vorzeitig in den Medienraum gehuscht, um vor der Pressekonferenz noch etwas Koffein zu tanken. Dabei hatte sich Ziehl doch zuvor sicherlich von so einigen Adrenalinschüben schütteln lassen müssen. Gerade eben hatte seine Mannschaft die nächste Überraschung perfekt gemacht und mit einem 2:1-Sieg einen weiteren Bundesligisten aus dem Cuprennen gekegelt. Auch Borussia Mönchengladbach ist im DFB-Pokal an der Sensationsmannschaft von der Saar gescheitert.

Kurz vorm Kaffeezapfen hatte Ziehl noch am Spielfeld vor größeren Kameras im Scheinwerferlicht gestanden und vor einem Millionenpublikum zu Pokalcoup Nummer vier Rede und Antwort stehen müssen. Die Kameraleute am Getränkekühlschrank zeigten indes keinerlei Interesse. Vielleicht haben sie – unschwer als Vereins-Medienteam vom Niederrhein zu identifizieren – den Coach des Gegners nicht mal erkannt. Sie trugen jedenfalls lange Gesichter zur Schau. So wie auch die in Grün gewandeten Bundesliga-Stars, die nach der Schmach gegen einen Drittligisten wie geprügelte Hunde vor ihrem Fanblock standen und sich Schimpfkanonaden erboster Anhänger anhören mussten. Tja, der blutleere Auftritt war wahrlich kein Ruhmesblatt.

Wasserschlacht: Der Rasen war zumindest anfangs bespielbar. Gegen Ende mischte oft der Zufall mit. In dieser Szene spritzt’s gew
Wasserschlacht: Der Rasen war zumindest anfangs bespielbar. Gegen Ende mischte oft der Zufall mit. In dieser Szene spritzt’s gewaltig, als der Gladbacher Nico Elvedi Saarbrückens Siegtorschütze Kai Brünker ausbremst.

Das Spiel selbst war bis zur 90. Minute gar nicht mal sooo spektakulär. Die Saarbrücker hatten elanvoll losgelegt – und sich schon nach acht Minuten im Hintertreffen wiedergefunden. Franck Honorat, der auf dem rechten Flügel ziemlichen Wind entfachte, war Marcel Gaus entwischt. Seine Vorarbeit wusste Robin Hack in die Führung für den Favoriten umzumünzen. Die Saarbrücker schüttelten sich kurz – und schlugen zurück. Amine Naifis Ausgleich ließ das mit 15.903 Zuschauern voll besetzte Ludwigsparkstadion erstmals beben.

„Haste das nicht gesehen?“: FCS-Coach Rüdiger Ziehl im Gespräch mit Assistent Martin Thomsen.
»Haste das nicht gesehen?«: FCS-Coach Rüdiger Ziehl im Gespräch mit Assistent Martin Thomsen.

Die Gladbacher müssen sich vorwerfen, Chancen verschludert zu haben. Sie hätten gut und gerne mit einer 3:1-Führung in die Kabine gehen können. Stattdessen blieb der FCS im Spiel, zog sich nach der Pause merklich zurück. Am jetzt recht tief stehenden Riegel bissen sich die „Fohlen“ die Zähne aus. Es gab viel Geplätscher, nicht nur von oben. Und als sich eigentlich schon alle auf die Verlängerung eingestellt hatten, schlug der Pokalschreck gnadenlos zu.

Ein eher seltenes Bild im Viertelfinale: Chaos im Gladbacher Strafraum.
Ein eher seltenes Bild im Viertelfinale: Chaos im Gladbacher Strafraum.

„Kai Brünker war völlig platt“, gab sein Trainer später zu Protokoll. Umso bemerkenswerter fand es Ziehl, dass sich der so vorbildlich ackernde Stoßstürmer in der Nachspielzeit noch ein weiteres Mal nach vorn geschleppt hatte. Und nicht nur er: „Dass gleich drei mitgelaufen sind ....“, wunderte sich Ziehl. In der Tat: Tim Civeja und Julian Günther-Schmidt – beide eingewechselt – umschwirrten Brünker, der mittig in Position geflitzt war. Die Hereingabe von Fabio di Michele Sanchez – ebenfalls erst eingewechselt – passte punktgenau. Brünker vollendete aus gut 14 Metern, Florian Neuhaus stand staunend Pate. Das war’s. Der Ludwigspark geriet zum Tollhaus. Minuten später war Schluss.

Ganz anders als der Bundesligist, haben die Saarbrücker die letzten Reserven aus sich herausgekitzelt. Civeja und di Michele Sanchez hatten kurz vor dem entscheidenden Angriff noch in der eigenen Hälfte fleißig bei der Balleroberung geholfen. Marcel Gaus hatte das Umschaltspiel eingeleitet, Luca Kerber die Kugel vehement gegen Gladbach-Kapitän Julian Weigl behauptet. Civeja passte auf di Michele Sanchez. Und ab ging die Post in Richtung Glückseligkeit.

Feiern nach ihrem gemeinsamen Siegtor den Einzug ins Halbfinale: Vollstrecker Kai Brünker (links) und Vorlagengeber Fabio di Mic
Feiern nach ihrem gemeinsamen Siegtor den Einzug ins Halbfinale: Vollstrecker Kai Brünker (links) und Vorlagengeber Fabio di Michele Sanchez vom 1. FC Saarbrücken.

Der FCS hat nun vier höherklassige Klubs aus dem Pokal geworfen. Erst den Zweitligisten Karlsruher SC, dann die Bayern, Eintracht Frankfurt und jetzt Mönchengladbach. „Das ist ein Wunder“, das hänge aber auch ein bisschen mit Qualität zusammen, sagte Ziehl eher augenzwinkernd auf die verbale Vorlage von FCS-Pressesprecher Peter Müller hin. Der hatte die Frage in den Raum gestellt, ob eher wundersame Fügung oder doch die Qualität des Teams den Ausschlag gegeben hätten. Wunder allein taugt als Erklärung kaum. Verwundert war der Trainer zunächst aber über etwas ganz anderes: Seine Mannschaft hatte sich, wie Ziehl offen einräumte, herzlich wenig an die vereinbarte Marschroute gehalten. „Das war ziemlich wild“, stellte der Trainer fest, der sich in Halbzeit eins im falschen Film wähnte und ein ums andere Mal an der Linie schreien musste, weil seine Spieler munter drauflos stürmten und ins Verderben zu rennen drohten.

Die Saarländer aber fingen sich, fanden in die Ordnung, fighteten, glaubten jede Sekunde an sich. Und sie glauben jetzt natürlich auch an den nächsten Streich. „Die Reise geht weiter“, so lauten in Saarbrücken die geflügelten Worte seit der Sensation gegen die Bayern. Gut möglich, dass die Reise tatsächlich nach Berlin führt. Es lauert nur noch ein Stolperstein auf dem Weg ins Finale Am 2. April kommt der 1. FC Kaiserslautern zum Halbfinal-Derby.

Symbolisch für die Bruchlandung des Bundesligisten: Florian Neuhaus am Boden, niedergerungen vom Saarbrücker Bjarne Thoelke.
Symbolisch für die Bruchlandung des Bundesligisten: Florian Neuhaus am Boden, niedergerungen vom Saarbrücker Bjarne Thoelke.
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