Panorama Halt in Großkorbetha

Sind Sie schon mal in Großkorbetha gewesen? Die Gruppe von RHEINPFALZ-Redakteuren, die am Samstagfrüh samt besseren Hälften und mit dem Zug gen Berlin aufbricht, um in der Hauptstadt den runden Geburtstag eines Kollegen zu feiern, war es bislang nicht. Jedenfalls bis kurz nach Mittag, als der voll besetzte ICE anhält – in Großkorbetha, südwestlich von Leipzig. Eigentlich wäre die sächsische Metropole an der Halte-Reihe, aber der dortige Bahnhof ist wegen Schnee und Eis und eingefrorener Weichen gesperrt. Also warten. Eine Stunde, zwei Stunden. Die Türen werden geöffnet, es gibt kostenloses Wasser, aber keine konkreten Informationen. Drei Stunden, im Bistro bleibt die Kasse jetzt zu, Freibier für alle sozusagen. Nun lässt sich ja manches schöntrinken, aber für Großkorbetha reichen die Vorräte dann doch nicht aus. Stattdessen Fragen: Etwa die, wie lang eigentlich die „unbestimmte Zeit“ ist, um die sich die Weiterfahrt verzögern wird. Oder die, warum die Bahn Züge unbeirrt Richtung Leipzig fahren lässt, obwohl schon seit Stunden in allen Medien berichtet wird, dass der dortige Bahnhof gesperrt ist. Oder die, weshalb die Bahn von einem Wetter, von dem seit Tagen alle reden, scheinbar völlig überrascht wird. Zumindest die erste Frage wird beantwortet, als der ICE nach etwa vier Stunden weiter- und am späten Nachmittag in Leipzig einfährt. Endstation! Berlin ist nicht, nicht mit diesem Zug und auch mit keinem anderen an diesem Samstagabend. Was aber tun in einer Stadt, deren Hotels wegen der Buchmesse quasi ausgebucht sind? Nichts wie weg also, und sei es Richtung Hannover, von da nach Frankfurt und dann, weit nach Mitternacht, per Taxi zurück in die Vorderpfalz. Während auf den Smartphones die ersten Videos von der Geburtstagsfeier einlaufen, lernt man auch im Zug nette und interessante Leute kennen. Etwa die Frau, die mit kleinem Kind und großem Gepäck ihre Eltern in Berlin besuchen wollte und stattdessen, tatkräftig unterstützt von unserer Reisegruppe, zurückfährt nach Frankfurt, wo sie ihr Mann wieder abholt. Oder die Kinderbuchautorin. Oder die Manga-Mädchen, die trotz Eiseskälte kleidungsmäßig eher auf Frühsommer eingestellt sind. Nicht zu vergessen den Zugführer, der auch als Stand-up-Komödiant arbeiten könnte. War lustig. Trotzdem, Bahn, ein Dankeschön gibt’s nicht für diese Art von Geburtstagsfeier.

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