Kultur Maler Max Slevogt: Jubiläums-Ausstellungen in Saarbrücken und Mainz

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Kein Slevogt, sondern ein Manet – aus Slevogts Privatsammlung: »Rue Mosnier mit Fahnen« (1878).

Am 8. Oktober jährt sich zum 150. Mal der Geburtstag von Max Slevogt. In der Pfalz liebt man ihn für seine Bilder der Pfälzer Landschaft. Jubiläums-Ausstellungen in Saarbrücken und in Mainz zeigen ihn als weltläufigen Künstler und Maler des modernen Lebens. Zeit, einen bereits Berühmten neu zu entdecken.

I. Vom Glück des Sehens

Man würde in diesen Tagen gerne Herrn Julius Meier-Graefe an die Hand nehmen und ihn durch das Saarlandmuseum führen. Jenen einflussreichen Kunstkritiker, der so gar nichts von den Malkünsten des Mannes hielt, dem die Saarbrücker Moderne Galerie zu ihrem 50-jährigen Bestehen und zu seinem 150. Geburtstag eine große Jubiläums-Schau widmet: Max Slevogt. Die wirklich bedeutenden Maler, das waren für Meier-Graefe die Franzosen, allen voran die Impressionisten, denen er in seiner dreibändigen „Entwicklungsgeschichte der Modernen Kunst“ ganz besonders huldigte. Slevogt? Ein genialer Zeichner, das immerhin. Für Letzteres finden sich in der Saarbrücker Ausstellung hinlänglich Beweise. Was die Malerei angeht, könnte man dem gestrengen Kunstkritikus jedoch zumindest eine gewisse Sehschwäche bescheinigen – und den Cousins Paul und Bruno Cassirer, Kunsthändler der eine, Verleger der andere, nicht nur die besseren Augen, sondern auch ein ausgeprägtes Gespür für besondere Begabungen und künstlerische Zusammenhänge. Einflussreiche Anwälte der französischen Kunst in Berlin auch sie. In ihrem Berliner „Kunstsalon“ zeigten die beiden 1899 eine Überblicksausstellung, in der sie einen jungen, aufstrebenden Maler präsentierten, der in München kurz zuvor einen Beinahe-Skandal provoziert hatte: Slevogts „Danae“-Gemälde zeigte weniger eine Figur der griechischen Mythologie als eine aus eigenwilliger, verkürzter Perspektive dargestellte, ziemlich nackte Halbwelt-Dame auf ihrem Bett. Aus der Ausstellung der Münchner Secession wurde es entfernt, bevor der Skandal richtig ausbrechen konnte. Bei den Cassirers in Berlin war diese „Danae“ dann zu sehen, mit 34 weiteren Slevogt-Bildern – und konfrontiert mit einem anderen „Skandalmaler“: Edouard Manet.

Motive des „modernen Lebens“

14 Gemälde und drei Pastelle von Manet, fünf Ölbilder und zwölf Papierarbeiten von Edgar Degas, fünf Gemälde und acht Zeichnungen von Pierre Puvis de Chavannes – und dazu Max Slevogt. Es war diese Präsentation, die den 31-Jährigen mit einem Schlag in die vordere Reihe der deutschen Avantgarde der Kaiserzeit katapultierte. Jahrzehnte, in denen Urteile über künstlerisches Schaffen – ob Musik, bildende Kunst oder Literatur – fast immer nationalistisch eingetrübt blieben. Nicht unbedingt bei den Kreativen selbst, aber in den sie umgebenden Gesellschaften. Vielleicht hat es deshalb so lange gedauert, bis es zu diesem Ausstellungskonzept kam, das Kathrin Elvers-Svamberk jetzt in Saarbrücken realisiert hat: „Slevogt und Frankreich“. 111 mal Slevogt, umgeben von großen Namen wie eben Edouard Manet, wie Claude Monet, Eugène Delacroix, Gustave Courbet, Camille Corot Auguste Renoir, Alfred Sisley, aber auch Vincent van Gogh, Paul Cézanne oder Henri de Toulouse-Lautrec. Und Slevogt wird und wird nicht kleiner. Er reiht sich ein in die Phalanx der großen Maler ihrer Epoche – eigenständig und ungeheuer facettenreich. Slevogt schätzte die Kunst der Franzosen. Das belegt auch aus das erhaltene handschriftliche Inventar seiner eigenen Kunstsammlung, zu der unter anderem Manets Ölgemälde „Rue Mosnier mit Fahnen“ gehörte. „Ich habe Manet so bewundert ... weil ich in ihm fand, was die Welt so schön macht“ ist ein überliefertes Zitat. Von ihm und anderen hat er vieles übernommen – die Intensität der Farben, den oft skizzenhaften Farbauftrag mit dem Palettmesser, die Motive des „modernen Lebens“, die Blickbeziehung zwischen Porträtiertem und Betrachter –, aber er hat nie kopiert. Die Auswahl in Saarbrücken ist hochkarätig, beginnend bei den Porträts, über die Szenen des modernen Lebens – ob Theater, Tanz oder Tiergarten –, bis zur Faszination für den Orient, dann die Stillleben, und nicht zu vergessen: die Landschaften. Zu Slevogt und Frankreich gehört aber auch sein kurzer Aufenthalt an der Front im Ersten Weltkrieg. Kein „Glück des Sehens“ mehr, aber immer noch große Kunst.

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Ein wieder entdeckter Slevogt: »Skizze mit Flagge«, 1908 in Noordwijk entstanden.
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