Zweibrücken Wenn sie gewinnt, ist er tief enttäuscht

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An Pfingsten wird’s heiß − nicht nur draußen, sondern auch bei der Ortsvorsteher-Stichwahl in Mörsbach. 758 Wahlberechtigte sind aufgerufen, sich zwischen Susanne Murer (Grüne) und Kurt Blinn (SPD) zu entscheiden. Die beiden machen noch eifrig Wahlkampf, putzen Klinken, verteilen Broschüren. Murer geht davon aus, dass sie gewinnt, Blinn erwartet freilich das Gegenteil.


Kurt Blinn hofft, das Ruder noch herumreißen zu können. Bei der Wahl am 25. Mai war der SPD-Kandidat (32,6 Prozent) der Grünen-Frau Susanne Murer (46,7 Prozent) unterlegen, und die SPD (drei Sitze) hatte einen Sitz im Ortsbeirat zugunsten der Grünen (fünf Sitze) verloren. „Das Wahlergebnis hat einige Mörsbacher aufgeschreckt. Auch sie sind der Meinung, das kann so nicht stehenbleiben“, sagt Blinn. Der SPD-Kandidat ist enttäuscht vom vorletzten Sonntag und betont sein jahrzehntelanges Engagement für den Vorort („Ich nehme mir jedes Jahr extra Urlaub fürs Dorffest“). Es brauche große Parteien, um in Mörsbach etwas zu bewegen. Denn seit der Eingemeindung 1972 habe der Stadtrat die Zügel in der Hand. „Dort brauchen wir Unterstützung. Vor Ort können wir wenig tun. Daran könnten selbst 120 Prozent Grüne in Mörsbach nichts ändern.“ Die SPD hat im neuen Stadtrat 14 Sitze, die Grüne haben vier. Doch Blinn, der am Sonntag 62 Jahre alt wird, muss einräumen: Die Mülldeponie − das Thema, mit dem seine Konkurrentin punktete − ist Gesprächsthema im Ort: „Die Mülldeponie dominiert alles.“ Doch habe Mörsbach noch mehr, worum man sich kümmern müsse: Es fehle ein Grillplatz, und die 15 000 industriellen Arbeitsplätze in der Umgebung seien nicht mit dem Bus zu erreichen. Zudem liege Mörsbachs Infrastruktur am Boden: „Wir haben keine Post, keine Schule, keine Geschäfte, keine Gaststätte mehr.“ Kurt Blinn hat vor der Stichwahl nochmals Broschüren ausgeteilt, Plakate aufgehängt, mit Stammwählern und Nichtwählern gesprochen. Wie er abschneiden wird, will er nicht vorhersagen. „Ich hoffe, es wird knapp.“ Sollte er unterliegen und das auch noch mit großem Abstand, würde ihn das „persönlich stark treffen“. Ob er dann im Ortsbeirat bleiben würde, weiß er nicht. „Wenn’s ständig um die Mülldeponie geht, habe ich keine Lust mehr. Unser Einfluss ist da gleich null.“ Susanne Murer geht dieser Tage ebenfalls noch mal durch den Ort, spricht mit Wählern, versucht, sie für den Sonntag zu mobilisieren: „Mir ist wichtig, dass sie überhaupt zur Wahl gehen.“ Wer über das Pfingstwochenende weg ist, könne immer noch Briefwahl machen. „Ich merke, es ist eine gewisse Spannung im Dorf“, sagt Murer. „Ich bin eine Frau, das ist was Neues, auch berufstätig, sogar selbstständig, habe Pflegekinder“, zählt sie auf, was manchen Mörsbacher stutzig macht. Sie betont, es gehe ihr keineswegs nur um die Deponie. „Ich will die Dorfgemeinschaft stärken, alte und junge Menschen müssen zusammenfinden, nicht nur in einer Ecke des Dorfes“, sagt sie. Sie will Nachbarschaftshilfe organisieren, auch in den Vereinen müsse sich etwas tun. Ein Anfang ist schon gemacht, findet Murer: „Ich spüre, dass ein kleiner Wandel vor sich geht. Ich erfahre das Dorf offener und freier.“ Das kritische Hinterfragen der Mülldeponie habe die Leute zusammengebracht: „Ganz so, als ob sie nur darauf gewartet hätten.“ Darauf könne man aufbauen. Die 50-Jährige spricht von aufregenden Tagen. „Das auf die leichte Schulter zu nehmen, wäre falsch. Es ist nicht alles in trockenen Tüchern. Aber ich gehe davon aus, dass ich gewinne.“ Paul-Michael Thiery (CDU) hat mit 20,7 Prozent die Stichwahl verpasst. Er gibt keine Wahlempfehlung für die Stichwahl, sagt nur: „Beide Kandidaten haben eine reelle Chance. Ich denke, es wird knapp ausgehen.“ Hartmut Glahn, einziger FDP-Mann im Ortsbeirat, will keine Empfehlung und keine Einschätzung für den Sonntag abgeben. Bis Dienstagnachmittag hatten laut Jörg Eschmann 130 Mörsbacher Briefwahl beantragt. Eschmann, bei der Stadtverwaltung für Wahlen zuständig, rechnet mit einer Wahlbeteiligung von rund 50 Prozent. Bei der Wahl am 25. Mai verzeichnete Mörsbach knapp 60 Prozent Wahlbeteiligung. Doch nun, da es nicht mehr um Stadt- und Ortsbeirat geht und Pfingsten ein beliebter Termin für Ausflüge ist, könnten wohl weniger Wähler den Weg zur Urne finden. Wer bereits für den 25. Mai Briefwahlunterlagen angefordert hatte, konnte dabei für eine mögliche Stichwahl gleich Briefwahlunterlagen mitbeantragen. Das taten laut Eschmann auch einige. Sie müssten die Unterlagen für die Stichwahl längst bekommen haben. Wer sich erst jetzt zur Briefwahl entschließt, kann sie noch bis Freitag, 18 Uhr, bei der Stadtverwaltung beantragen. Im Fall einer kurzfristigen Erkrankung − und nur dann, betont Eschmann − auch am Samstag von 9 bis 11 und am Sonntag bis 15 Uhr. Anders als bei der Wahl am 25. Mai werden die Stimmzettel, die per Briefwahl eingehen, am Sonntagabend in Mörsbach ausgezählt. Ein eigenes Briefwahllokal gibt es nicht mehr. Es sei auch angesichts von Pfingsten kein Problem gewesen, Wahlhelfer zu finden, sagt Jörg Eschmann. „Wir haben acht Leute, das reicht dicke.“

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