Zweibrücken Tausende Bücher der Herzöge sollen zwei Jahre in Speyer bleiben

Um solche historischen Dokumente geht es: Fragment einer Missalehandschrift aus dem 13. Jahrhundert, gesammelt vom Pfalzgrafen K
Um solche historischen Dokumente geht es: Fragment einer Missalehandschrift aus dem 13. Jahrhundert, gesammelt vom Pfalzgrafen Karl I. von Pfalz-Birkenfeld.

Die Bibliotheca Bipontina ist eine der bedeutendsten Altbestands-Bibliotheken in Rheinland-Pfalz – mit Tausenden Bänden aus Besitz der Zweibrücker Herzöge. Seit August werden 15.000 gefährdete Bestände nach Speyer geschafft.

An ihrem bisherigen Standort im Helmholtz-Gymnasium können die jahrhundertealten Bände und Folianten aus der Zweibrücker Herzogszeit nicht bleiben. Denn hier gelten die Räume als zu trocken; die notwendige Klimaanlage fehlt völlig. Fachleute haben Schäden an den Büchern und Pergamenten entdeckt. Daher soll bis zum Jahresende der Abtransport der etwa 15.000 historischen Bände ans rheinland-pfälzische Landesbibliothekszentrum (LBZ) in Speyer abgeschlossen sein – in fachgerecht klimatisierte Magazine. „Wir dürfen und wollen Zweibrücken seine Bibliotheca Bipontina aber nicht wegnehmen“, bekräftigte am Dienstag Annette Gerlach, die Leiterin des LBZ, vor der Presse: „Nach etwa zweijähriger klimatisch geschützter Lagerung – und bei Bedarf auch Restaurierung – dürften sich die Bestände so weit erholt haben, dass sie anschließend wieder nach Zweibrücken zurückkehren können.“

Allerdings nicht an deren bisherige Heimstatt im Helmholtz-Gymnasium: In dem modernen Betongebäude sei der Einbau der geforderten Klimaanlage nicht möglich. „Wir sind froh, dass wir während der Rettung der Bücher nun ein Zeitfenster von zwei Jahren haben“, sagte am Dienstag Zweibrückens Oberbürgermeister Marold Wosnitza. „Diese Zeitspanne müssen wir nutzen, um hier vor Ort ein geeignetes Gebäude zu finden und mit allen nötigen technischen und klimatischen Einrichtungen auszustatten.“ Wosnitza zeigte sich überzeugt, dass die Standortsuche gelingen werde, damit die Altbestände der Bibliotheca Bipontina die Heimreise nach Zweibrücken antreten können.

Mittelalterliche Handschriften

Jene Bipontina-Bücher, die in heutiger Zeit erschienen sind, werden nicht nach Speyer geschafft; sie bleiben weiterhin in Zweibrücken vor Ort nutzbar. Anders, so Annette Gerlach, verhalte es sich mit dem historisch wertvollen Altbestand: „Also die vor 1850 erschienenen Druckwerke, alte Handschriften aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit, aber auch einige wertvolle jüngere Bestände.“ Die alte Sammlung, die bis in die Regierungszeit des anno 1600 verblichenen Pfalzgrafen Karl I. von Pfalz-Birkenfeld zurückgeht, des Sohnes des Zweibrücker Herzogs Wolfgang, habe zuletzt unter „Trocknung“ in den zu warmen, unklimatisierten Helmholtz-Räumen gelitten, berichtete Gerlach. „Papier und Pergament sind organisches Material, das auf äußere Bedingungen reagiert.“ Nun nehme das Landesbibliothekszentrum mit seiner Speyerer Zentrale und den beiden Außenstandorten in Zweibrücken und Koblenz „eine sechsstellige Summe“ in die Hand, um die etwa 15.000 wertvollen Zweibrücker Bibliotheksbestände von einer darauf spezialisierten Fachfirma lagern, reinigen und nötigenfalls restaurieren zu lassen. „Wir reden hier von 600 Meter historischem Altbestand. Das alles fachgerecht nach Speyer zu transportieren, ist schon eine logistische Meisterleistung für sich“, meinte Gerlach. „Immerhin haben unsere Fachleute hier aber kein Schimmelproblem vorgefunden.“

Annette Gerlach
Annette Gerlach

Bereits seit August seien Inkunabeln aus dem 15. Jahrhundert, Frühdrucke aus dem 16. Jahrhundert sowie einzelne alte Handschriften an die Fachfirma versandt worden; die übrigen historischen Bestände sollen bis Weihnachten folgen. Das LBZ, so Annette Gerlach, habe ein „Bestandserhaltungsprojekt“ in Auftrag gegeben, „damit die Umlagerung in ein richtig klimatisiertes Magazin mit der Reinigung der Bücher verbunden wird“. Letztere sei für den Verlauf des kommenden Jahres vorgesehen. Von den Maßnahmen verspreche man sich eine „sichtbare Besserung bei Schäden“. Nach insgesamt zweijähriger Abwesenheit könnten die Bestände dann nach Zweibrücken zurückkehren.

Exil der Bände soll nur vorübergehend sein

Entdeckt habe man die Mängel zu Jahresbeginn, nachdem bei der Bibliotheca Bipontina Anfragen zur Ausleihe bestimmter alter Drucke und Handschriften für Ausstellungen und wissenschaftliche Zwecke eingegangen waren. „Bei dieser Gelegenheit wurde festgestellt, dass sich die angefragten Bände gar nicht mehr richtig öffnen ließen“, erläuterte Annette Gerlach. Würde man versuchen, die Bücher an diesen gefährdeten, verklebten Stellen aufzuklappen, bestände das Risiko einer irreparablen Schädigung.

„Schon seit Tagen kocht die Gerüchteküche hoch“, hat Oberbürgermeister Marold Wosnitza festgestellt: „Die Bipontina ist ein bedeutendes historisches Erbe unserer Stadt. Da ist es natürlich verständlich, dass die Wellen hochschlagen, wenn es jetzt heißt, dass die Bücher Zweibrücken verlassen sollen.“

„Werden einen geeigneten Platz finden“

Mehrfach beeilte sich der OB am Dienstag zu betonen, dass das Speyerer Exil der wertvollen Folianten nur vorübergehend sein werde. „Wir sind uns einig, dass wir alles dafür tun, dass die Bücher in zwei Jahren zurückkehren können. Klar ist aber auch, dass dies nicht mehr am alten Standort im Helmholtz-Gymnasium der Fall sein kann. Doch wir werden in Zweibrücken einen geeigneten Platz für Bipontina finden.“ Wo dieser sich befinden könnte, sei jedoch noch unklar.

Am Geld, so Wosnitza auf Nachfrage, soll die Rückholung keinesfalls scheitern. „In der Frage der Finanzierung bin ich optimistisch. Es gibt viele entsprechende Bundesprogramme, die wir in Anspruch nehmen können. Und das Land hat genauso wie die Stadt ein Interesse daran, dass eine Lösung hier in Zweibrücken gefunden wird.“

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