Zweibrücken Münchhausen, Tell, Siegfried, Elvis

Von Helden und Legenden erzählt das 17. Straßentheater-Spektakel in Zweibrücken. Siegfried, der Drachentöter, Charlie Chaplin, Loriot und Wilhelm Tell: Das Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Aufführungen am Wochenende des 9./10. Mai. Zwischen 15 000 und 25 000 Besuchern erwartet das Kulturamt – wenn das Wetter mitspielt.

Der Baron von Münchhausen hat seine Kanonenkugel gleich mitgebracht und reitet auf ihr dem Abschluss seiner Vorstellung entgegen. Tatsächlich fliegen kann die Kugel wohl nicht, der Baron bedient sich da laut Stephanie Neumüller vom Kulturamt, die das Festival organisiert, einer technischen Konstruktion. Die Vorstellung auf dem Herzogplatz werde aber mit „viel Aufwand und viel Fantasie“ gestaltet. Zu den deutschen Legenden gehört der Humorist Loriot. Der Zweibrücken Dirk Schmidt lässt ihn wieder aufleben. „Er führt bekannte Sketche vor. Und sein Programm hat er speziell für diesen Auftritt konzipiert“, berichtet Thilo Huble, Leiter des Kulturamts. Es ist der einzige Auftritt, der Eintritt kostet: Sechs Euro zahlen Besucher für die Hommage an Loriot am Samstag um 16 Uhr im Schloss. Zu Neumüllers Favoriten gehört Go Solo. Die quirlige Performance-Künstlerin habe ihre eigene Bühne dabei. „Ich hab’ ihren Auftritt schon mal gesehen. Das war so toll“, berichtet die Mitarbeiterin des Zweibrücker Kulturamts begeistert. Die niederländische Künstlerin wirkt in ihrem Kostüm ein wenig wie eine Puppe. Laut Neumüller bezieht sie das Publikum gerne in ihr Spiel ein. Sie gehöre auch zur Gruppe rund um den Lügenbaron. Außerdem ziehen am Sonntag, 10. Mai, steinerne Riesen durch die Stadt. Die Stone Age Rocks, die auch aus den Niederlanden kommen, sind „eine einzigartige Kombination aus Skulptur- und Stelzentheater“, wie es die Infobroschüre beschreibt. Sie ziehen durch die Innenstadt – ganz langsam, wie es steinernen Riesen gebührt. „Das sieht mächtig aus. Das ist gigantisch“, verspricht Neumüller. Viele Straßentheater-Gruppen findet sie auf der Freiburger Kulturbörse, einer großen Messe und Treffpunkt für Veranstalter und Akteure. „Das ist unsere Hauptinspirationsquelle“, bestätigt Huble. Aber Neumüller ist auch auf anderen Festivals unterwegs, begutachtet die Künstler und lädt Gruppen ein, die sie beeindruckt haben – wie die Ramsteiner Straßenmusikanten, die Blasmusik spiele. „Das ist Radau ohne Ende“, grinst Neumüller, aber auch „ganz klassisch Musik des Straßentheaters“. Wer darf beim Thema Helden in Deutschland nicht fehlen? Natürlich Siegfried, der Drachentöter. Auch der ist beim Zweibrücker Straßentheater-Spektakel dabei. „Das ist ein lustiger Walkact. Siegfried zieht durch die Stadt und kämpft mit dem Drachen“, erklärt Neumüller. Die Aufführung sei eine Mischung aus Stelzen- und Tanztheater. Der Schweizer Freiheitskämpfer Wilhelm Tell aus dem 14. Jahrhundert hat ebenfalls einen Gastauftritt. „Wir suchen aber noch jemanden, der den Apfel auf dem Kopf trägt“, spielt Huble auf Tells legendären Armbrustschuss an, der natürlich Teil der Vorstellung sein muss. Jan Kölling aus Köln soll den Freiheitskämpfer verkörpern. „Der macht auch Klamauk, aber da steckt Geschichte hintendran“, erklärt Neumüller. In einem Frage-und-Antwort-Spiel bringe er den Zuschauern die Geschichte Wilhelm Tells näher. „Oh, und Miss Fairytale dürfen wir nicht vergessen“, meint die Kulturamtsmitarbeiterin. Sonja Fischer aus Allmannshofen in Bayern erzählt in dieser Rolle besonders gern die Geschichten der Gebrüder Grimm. „Sie hat einen Stil, der auch Erwachsene in den Bann zieht. Da hören Sie eine Stecknadel fallen, wenn sie erzählt, weil jeder so ruhig und gespannt zuhört“, schwärmt Neumüller. Ein Höhepunkt dürfte Der Waschtag am Sonntag werden. Dafür werden schon samstags 500 Meter Wäscheleine kreuz und quer über den Alexanderplatz gespannt. Das Theater Nonsenso aus Köln präsentiert in einem feucht-fröhlichen Theaterstück einen italienischen Waschtag. Oberwaschfrau Maria führt ein strenges Regiment und treibt ihre Gehilfin laut an. „Das ist ein Riesenspektakel und, wenn das Wetter stimmt, ein Super-Act“, ist Neumüller überzeugt. Während der Samstag ein buntes Programm an verschiedenen Orten bietet, gehört der Sonntag den Walk-Acts, den Gruppen, die durch die Innenstadt ziehen. Die Zweibrücker Künstlergruppe Prisma baut ein Künstlerdorf auf dem Alexanderplatz auf. Dort können die Zuschauer ausgestellte Werke betrachten oder den Künstlern bei der Arbeit über die Schulter gucken. Die Märkte, wie Blumen- und Bauernmarkt, sind zum ersten Mal an beiden Tagen des Straßentheater-Spektakels geöffnet. „Wir haben letztes Jahr die Händler gefragt. Und die allermeisten sind lieber an zwei Tagen da, als den ganzen Aufwand für einen Tag zu betreiben“, erklärt Huble. Das Festival wird wie in den Vorjahren aus Mainz mit 14000 Euro aus dem Kultursommer-Topf bezuschusst.

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