Zweibrücken Im sinnlichen Groove des englischen Barock

Eine Freude für die Kenner, eine Entdeckung für die Neugierigen und ein Hochgenuss für alle miteinander war das Konzert des Ensembles ba.roque am Samstag in der mit 80 Zuhörern recht gut besetzten Kirche in Liederschiedt im Bitscherland. „Come Again – Masques and Music Poetry“ war der Titel des Programms im Rahmen des Festivals Euroclassic, das den zeitlichen Rahmen vom 16. bis ins 18. Jahrhundert spannte.

Das vielleicht Schönste an den Euroclassic Festivals ist, dass man in unserer Region an den unterschiedlichsten Spielstätten nun schon seit 1990 oft hochklassige und meist originelle Musik aller Genres, in einem Zeitraum von zwei, drei Monaten verdichtet, sozusagen direkt vor der Haustür genießen kann. Am beglückendsten ist es aber wohl, dass der Musikliebhaber immer wieder mit ganz außergewöhnlichen Musikerinnen und Musikern konfrontiert wird. So war das auch am Samstag in Liederschiedt mit dem Ensemble ba.roque, dem mit Margit Kovacs (Cembalo), Laura Faig (Sopran), der aus Contwig stammenden Tatiana Flickinger (Blockflöten) und Pia Grandl (Blockflöten, Zither) ganz exzellente Stilistinnen angehören, die sich ihrem Repertoire gleichzeitig mit höchster Sachkenntnis und erfrischender künstlerischer Unabhängigkeit annehmen. Nur um der Peinlichkeit geschmäcklerischer Herablassung gegenüber diesen vier fabelhaften Musikerinnen gleich zu Anfang zu begegnen: Ja, alle vier spielen handwerklich und gestalterisch selbstredend auf allerhöchstem Niveau. Punkt. Auch wenn sich der Rahmen des Konzertprogramms von den letzten Zuckungen der Renaissance (Thomas Ravenscroft, 1582-1635) bis zum Spätbarock eines Georg Friedrich Händels (1685-1759) spannen lässt, müssen wir uns die musikalische Szenerie doch sehr elisabethanisch vorstellen. Und da spielen natürlich die Kompositionen eines frühen „Singer/Songwriters“ wie John Dowland, der ganz Europa bereiste und dessen „Come Again“ auch heute noch ein veritabler Hit ist, von einem Henry Purcell, in dessen Quasi-Opernaria „The Plaint“ aus „The Fairy-Queen“ es schon beträchtlich „händelt“, oder der effektreiche „The Witches Dance“ von William Brade, bei dem es bereits mächtig „italienisch“ klingt, eine tragende Rolle. Thematisch um die „Masques“, also die Quasi-Opern, Sing- und Tanzspiele des englischen Barock, arrangiert, durfte man auch sein Kopfkino aktivieren. Wilde, ja tumultöse, nachgerade hedonistische Musik-, Tanz- und Spielorgien waren diese Masques, stundenlang und von allerhöchstem Unterhaltungswert. Wer die Stücke bereits von anderen Künstlern kannte, durfte bei den Musikerinnen vom Ensemble ba.roque vielleicht erstmals die ganze sinnliche Bandbreite dieser Musik kennenlernen, die man oft doch ein bisschen tüttelig und beflissen dargeboten bekommt. Die vier jungen Frauen haben den „Groove“ dieser Musik völlig verinnerlicht. Man höre nur Laura Faigs geschmeidiger Sopranstimme zu, und man versteht sofort, dass die Musikerin hinter diesem ausdrucksstarken „Instrument“ ganz genau verstanden hat, wie sexy diese Musik einmal gemeint war. Mit spielerischer Leichtigkeit, die völlig über die rhythmischen und melodischen Gemeinheiten hinwegtäuscht, winden die beiden Flötistinnen Tatiana Flickinger und Pia Grandl ihre Klagen, Lockrufe, aber auch die Vogelstimmen im englischen Park umeinander. Am Cembalo solo zeigt Margit Kovac beispielsweise an Purcells Chaconne in g-moll, dass das Instrument nicht nur der Arbeitsplatz für den Dirigenten war, der den Generalbass angab. Und was für eine tolle Idee von Pia Grandl, die Begleit- und Solostimmen, die eigentlich auf der Laute gespielt wurden, auf die Konzert-Zither moderner Bauweise zu übertragen. Wenn man’s einmal gehört hat, ist man sich völlig sicher: Ja, so muss es sein. Rauschender Beifall eines offensichtlich begeisterten Publikums nach dem Höhepunkt des Abends, Händels „Sweet Bird“ aus „L’Allegro, il Pensieroso ed il Moderato“, bei dem das Ensemble ba.roque all seine Kunstfertigkeit zum Leben erweckte. Als Zugabe noch einmal Dowlands „Come Again“, mit einer sehr kecken Note interpretiert.

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