Zweibrücken Die Wiege von allem

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Dass ein Festakt von einem Werbeblock unterbrochen wird, ist eher ungewöhnlich. Im Falle des gestrigen Jubiläums des Pfälzischen Oberlandesgerichts, das seinen 200. Geburtstag in der Festhalle und anschließend bei einem Empfang im Schloss feierte, war dies jedoch mehr als angemessen.

Es geht um ein geschichtsträchtiges Ereignis, den spektakulären „Freispruch“ der wegen Hochverrats angeklagten Initiatoren des Hambacher Festes durch das oberste pfälzische Gericht im Jahr 1833. Wolfgang Ohler und Michael Dillinger, die beiden Autoren des Theaterstücks, das heute um 17 Uhr im Schloss uraufgeführt wird und in dem Schauspielerin Silvia Bervingas Regie führt, glänzten in der Rolle des Druckers Georg Ritter und des Gerichtsschreibers Franz Xaver Gabelsberger. Ort des Geschehens ist das Gasthaus Ladenburger in Bubenhausen, in dem 1832 der Pressverein gegründet wurde. Der gestrige Kurzeinsatz machte Lust auf mehr. In der Anfangszeit seiner 200-jährigen Geschichte schrieb der Vorläufer des heutigen Oberlandesgerichts (OLG) deutsche Geschichte. In Zweibrücken nahm zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Freiheitsbewegung ihren Ursprung, nachdem das französische Recht – der Code Napoleon – nach dem Anschluss an Bayern linksrheinisch erhalten werden konnte. Dass in den Folgejahren in Bayern zwei Rechtssysteme aufeinanderprallten, gipfelte durch die freiheitsliebenden Zweibrücker und Saarpfälzer im Hambacher Fest und im Pfälzer Aufstand von 1847. Darauf gingen gestern OLG-Präsident Willi Kestel wie auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer ein, die die Festrede im Zweibrücker Musentempel hielt. Die Unabhängigkeit der Justiz, die Gleichheit vor dem Gesetz und die freie Meinungsäußerung – es waren zentrale Punkte in den gestrigen Reden. Bettina Limperg, die Präsidentin des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe, formulierte es in etwa so: Es gibt nichts, was das Zweibrücker Gericht uns nicht in die Wiege gelegt hat. Kurt Pirmann, der Oberbürgermeister der Stadt der Rosen und Rosse – „und der Roben“, wie er stolz hinzufügte – betonte, dass in Zweibrücken „schon immer freiheitlich denkende Menschen gelebt haben, die sich ihr Wort und Recht nicht nehmen ließen. Das ist noch heute so.“ In den Köpfen und Herzen der Zweibrücker und der Pfälzer sei das OLG ein ganz wichtiger Teil unserer Geschichte, unserer Gegenwart und unserer Zukunft. Heute —Zu seinem Jubiläum lädt das Oberlandesgericht heute ab 12 Uhr zum Bürgerfest ins Schloss ein. Neben den Vorträgen „TV-Gerichtssendungen und Realität“, „Betreuungs- und Erbrecht“ (13.30 und 14.15 Uhr) gibt es auch Schlossführungen. Nach dem offiziellen Programm ab 15 Uhr tauft Ministerpräsidentin Malu Dreyer eine Rose auf den Namen „Libertas“. Um 17 Uhr startet die Uraufführung des Theaterstücks „Freispruch“. Neben der Jubiläumsrose wird ab 13.15 Uhr auch eine Jubiläumsbriefmarke zum Kauf angeboten. (ts)

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