Zweibrücken Die Motive überstürzen sich

19-jähriges Cello-Talent: Jakob Daniel Seel im Fabianstift.
19-jähriges Cello-Talent: Jakob Daniel Seel im Fabianstift.

Die Reife und Gestaltungskraft waren frappierend: Der erst 19-jährige Cellist Jakob Daniel Seel gastierte am Samstagabend im Fabianstift in Hornbach vor etwa 40 Besuchern. Er spielte Stücke von Bach und George Crumb im Benefizkonzert zugunsten der Jugend- und Gemeindearbeit in Hornbach.

Bereits in der Cello Suite Nr. 2 in d-Moll von Johann Sebastian Bach zeigte der Student der Hochschule der Künste Berlin, wie souverän er sein Instrument beherrscht. Die tiefen, vollen Klänge des Instruments entwarfen eine dunkle Seelenlandschaft. Seels ungemein reflektierte Spiel intensivierte sich zu größter Eindringlichkeit und Leidenschaft. Den Steigerungsprozess zeichnete er junge Cellist mit feinsten Nuancen nach und gab auch Momenten des Innehaltens Raum. Immer erregter und kurzgliedriger wurde sein Spiel. Die Motive überstürzten sich, schienen sich mit fast schon zu starker dramatischer Emphase gegenseitig ins Wort zu fallen. Die ruhige Allemande, eigentlich ein Tanz, gestaltete Seel mit fallenden Motiven und dunklen Farben. Vorhalte verlangsamten den melodischen Fluss und setzten Akzente. Die schnelle Courante (auch ein Tanz) interpretierte Seel souverän mit markanten, punktierten Rhythmen. Mit viel Liebe zum Detail lotete er in seinem reifen, tiefgründigen Spiel die Struktur des Werkes aus. George Henry Crumb, geboren 1929, bekam 1968 dem Pulitzer Preis, und wurde 1993 in die Berliner Akademie der Künste aufgenommen. Von ihm spielte Seel die Cello-Sonata con 1955. Sie zeichnet sich durch die Verwendung neuer instrumentaler Techniken und einen großen Klangreichtum aus – Eigenschaften, die Jakob Seels Spiel hervorhob. Die aufgellenden Motive des ersten Satzes „Fantasia“ wechselten in diesem Frühwerk Crumbs, in dem Einflüsse von Paul Hindemith und Bela Bartok unüberhörbar sind, mit kraftvoll-rauen Pizzicati und mit subtil ausgestalteten Nachhall-Effekten ab. Diese Variante setzte der junge Interpret mit Mut zu Ecken und Kanten um. Farbenreich war Crumbs „Pastorale con variazioni“. In sich kreisende, immer wieder auf anderen Tonstufen wiederholte Motive waren charakteristisch für diesen Satz, eine Variation wurde ausschließlich pizzicato gespielt und verlieh dem Werk damit eine aparte Klangnote. Der letzte Satz „Toccata“ gewann seine Dynamik aus dem Kontrast zwischen einem kreisenden Motiv und einer kurzgliedrigen, fast abrupt abbrechenden Gegenbewegung. Die Komplexität der Strukturen ließ Seel sehr plastisch und transparent hervortreten. Mit unaufdringliche Präzision ging Seel die Suite für Cello solo Nr. 3 in C-Dur BWV 1009 an. Steter melodischer Fluss in Verbindung mit einem meditativen Ausdruck charakterisierten das Prélude und die beiden lebhaften Tanzsätze Allemande und Courante. Feierlich und gemessen, fast schon düster wirkte dagegen die langsame Sarabande, die Seel in tiefen, lang gehaltenen Klängen auslotete. Spieltechnisch wie interpretatorisch bildeten Bourrée und Gigue dazu einen markanten Gegensatz. In diesen schnellen Sätzen mit ihren nuancenreich ausgeformten Echo-Effekten schien sich die Melodie in das eigene Klangerleben zu stürzen. Seel gestaltete das als eine ausdifferenzierte Entwicklung, stilsicher und lebendig. „Die Cellosonaten von Johann Sebastian Bach sind die Königsdisziplin für einen Cellisten,“ erzählte Seel, der sich mit 16 Jahren für diesen Beruf entschieden hat und sich auf Kammermusik spezialisieren möchte. „Ich interessiere mich für alle Formen der Kunst, aber mit dem Cello habe ich mein Instrument gefunden.“

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