Zweibrücken Das Neubaugebiet war’s

Sonntagabend um 18 Uhr im Mörsbacher Dorfgemeinschaftshaus: Erwartungsvoll schauen Susanne Murer und ihr Mann Frank zu, wie Wahlleiter Paul-Michael Thiery die Wahlurne öffnet. Alle paar Minuten guckt eine Tochter kurz ins Wahllokal, begleitet von den Enkeln. Die Kinder können es kaum erwarten, ihrer Oma um den Hals zu fallen. Dabei wird sich, wenn alles klappt wie erhofft, für die grün-bunte Familie Murer aus der Mörsbacher Talstraße ab diesem Sonntag so einiges ändern.

Um diese Zeit ist von Kurt Blinn noch nichts zu sehen. Erst zwanzig Minuten später taucht das Mörsbacher SPD-Urgestein im Wahllokal auf, einen sommerlichen Strohhut auf dem Kopf. „Ich hab erst mal das Bier für meine Geburtstagsparty kaltgestellt“, erklärt er. Schließlich wird er an diesem Tag 62 Jahre alt, damit hat er auf jeden Fall etwas zu feiern. Dass es nicht der Sieg in der Stichwahl zum Ortsvorsteher sein wird, scheint ihm längst klar zu sein. Gewinner haben viele Gratulanten, Verlierer stehen meist allein. So ist es auch, als Wahlleiter Thiery um kurz nach halb sieben das Ergebnis verkündet. Für die Grünen ist nicht nur der Stadtrat Achim Ruf vor Ort, der als Mörsbacher Bio-Landwirt hier Heimspiel hat. Auch der Zweibrücker Parteisprecher Norbert Pohlmann ist erschienen, um der Wahlsiegerin zu gratulieren: „Immerhin ist das die erste grüne Ortsvorsteherin in unserer Geschichte. Natürlich sind wir stolz auf dieses Ergebnis.“ Kleine Geschenke werden überreicht, herzliche Umarmungen folgen. Von der Zweibrücker SPD-Spitze ist dagegen nichts zu sehen. Einzige Ausnahme vielleicht: Hans Otto Streuber, Oberbürgermeister von 1999 bis 2004. Doch auch er ist vornehmlich als Bürger von Mörsbach gekommen, wie seine kurze Stellungnahme nahelegt: „Die Zweibrücker Politik hatte einfach nicht auf dem Radar, welche Sprengkraft das Thema Mülldeponie für den Ortsteil hat. Das muss jetzt dringend nachgeholt werden.“ Und für die Siegerin hat er ein zweischneidiges Lob parat: „Das ist ein achtbares Ergebnis. Jetzt müssen die Grünen allerdings zeigen, was sie können.“ Kurz nach 19 Uhr ist es noch immer warm im Wahllokal, die meisten haben sich inzwischen in den Schatten verzogen. Familie Murer und ihr grüner Freundeskreis sind unterwegs in den heimischen Garten, wo eine zünftige Party auf sie wartet. Kurt Blinn steht dagegen noch immer ziemlich einsam am Bierstand des Feuerwehrfestes, das jedes Jahr zu Pfingsten vor dem Mörsbacher Gemeinschaftshaus stattfindet. Vor sich ein frisches Bier, hadert er ziemlich mit seinem Schicksal: „Die meisten Leute, die heute Grün gewählt haben, wohnen in unserem Neubaugebiet. Und ich selbst habe dieses Neubaugebiet damals gegen viele Widerstände durchgesetzt. Dafür gab es heute die Quittung.“ Doch dann rafft sich der Sozialdemokrat auf: „Immerhin habe ich jetzt zum dritten Mal in einer Stichwahl für das Amt des Ortsvorstehers kandidiert, so viel Stehvermögen müssen andere erst einmal zeigen.“ Bevor er sich nach einem kräftigen Schluck in Richtung Garten verabschiedet, sinniert er noch ein wenig über seinen Geburtstag: „Als ich im Jahr 1952 hier in Mörsbach geboren wurde, gab es noch kein einziges Telefon im Dorf. Mein Vater musste zu einem Ausflugslokal laufen, um die Hebamme zu rufen.“ Wie viel sich doch verändert hat in Mörsbach.

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