Interview Bluesgitarrist Heinz Glass: „Ich lebe fürs Improvisieren“

Der Bluesmann: Heinz Glass spielt E-Gitarre und singt.
Der Bluesmann: Heinz Glass spielt E-Gitarre und singt.

Mehrfach im Jahr fährt der Bluesgitarrist Heinz Glass, gebürtiger Westpfälzer, von Berlin in die alte Heimat und gibt Konzerte. Nach Ostern ist es wieder soweit: Am 4. April tritt er in Althornbach auf und am 5. April in Nanzdietschweiler. Andrea Dittgen sprach mit ihm vor der Abreise und erfuhr, dass es auch eine neue CD gibt.

Sie kommen extra aus Berlin zum Konzert in die Pfalz?
Meine Familie, meine Lebenspartnerin kommt aus Glan-Münchweiler, dann zwei Töchter, wir fahren zur Oma – an Ostern, an Weihnachten und in den Herbstferien. Wenn wir fahren, versuche ich immer, das mit Auftritten zu verbinden.

Zuletzt waren Sie Ende 2023 in Kusel, im Kinett ...
Genau, mit der Palzgang, einmal im Jahr um Weihnachten, ansonsten spiele ich mit Musikern, die Zeit haben, zu spielen. Im Sommer spiele ich meistens noch in Kaiserslautern mit Michael Halberstadt auf dem Minigolfplatz am Gelterswoog. Das machen wir schon Jahre. Das macht Spaß.

Wer sind denn die Mitmusiker in Althornbach?
Sven Sommer aus Kusel spielt Bass, Albert Koch aus Kaiserslautern spielt Mundharmonika und sein Bruder Helmut Koch spielt Schlagzeug. Ich singe natürlich und spiele Gitarre.

Sie spielen aber noch regelmäßig in Berlin?
Ja, 17 Jahre lang, bis 2023, habe ich eine wöchentliche Session in der Kneipe Rickenbacker’s in Wilmersdorf geleitet, sie wird leider abgerissen. Jetzt spiele ich am ersten und am dritten Dienstag im Art Stalker in der Kaiser-Friedrich-Straße. Bei der Session ist es so: Ich habe eine tolle Band in Berlin, zuerst spielen wir ein Opening Set eine Dreiviertelstunde lang, dann koordiniere ich die Musiker, die kommen.

Was steht in Althornbach an, auch eigene Stücke? Mit englischen Texten?
Ja, ja, auch ein paar Instrumentalsongs. Bluesrock, ein paar Titel von Jimi Hendrix. Mehr Rockblues, auch mal funky, das ist mein Thema, das ich bearbeitete. Ich habe gerade eine CD gemacht, denn ich hatte einen Sponsor gefunden. So habe ich die letzten zwei Sessions im Rickenbacker’s aufgenommen. Die CD heißt: „Goodbye Rickenbacker’s Music Inn“. Da sind zwei Drittel eigene Lieder drauf und ein paar Cover-Bluessongs und Songs aus den 70er Jahren, Standards wie „Kansas City“. Es war ein toller Laden, die letzten Jahre war es richtig gut besucht, jeden Dienstag.

Wo treten Sie noch auf?
Jetzt spiele ich nur vierzehntägig, aber dafür noch in einer anderen Kneipe, im Otto Schruppke in Schöneberg, am ersten und dritten Freitag. Da gehöre ich zur Hausband, wir begleiten immer andere Bluesmusiker. Außerdem spiele ich im Sandmann in Neukölln, das ist auch eine Blueskneipe. Man kämpft sich halt so durch.

Sie geben auch Gitarrenunterricht an der JVA in Moabit? Wie kam es dazu?
Seit 24 Jahren mache ich das schon. Nur an einem Tag, das ist ein guter Zuverdienst zu meiner Musikschule, wo ich mit Kindern arbeitete. Das Unterrichten in der JVA ist halb ein Sozialjob. Mit der Klientel komme ich gut klar. Wir hatten auch eine Band im Knast, mit der ich das Vorprogramm zu einem Konzert mit einer Band von außen gemacht habe, aber nach Corona hat sich das Klientel verändert, nun gibt es keine Band mehr. Ich könnte ein Buch darüber schreiben, was ich an Schicksalen kennengelernt habe, denn vor den Sitzungen erzählen die Häftlinge viel. Manchmal ist der Unterricht zu 90 Prozent nur erzählen, weil die Häftlinge sich freuen, mit einem von draußen zu sprechen. „Die Tat ist nicht der Mensch“ heißt unser Auftrag.

Haben Sie denn eine eigene Musikschule?
Nein, ich unterrichte an einer privaten Musikschule in Steglitz. Da gebe ich Kindern Gitarrenunterricht. Schon fast 15 Jahre. Und ich habe Privatschüler, dazu kommen Workshops.

Improvisieren Sie viel beim Konzert?
Die Songs sind so aufgebaut wie im Jazz, mit Gesang: Strophe, Strophe, Refrain, Improvisation, Strophe. Das ist die klassische Form. Es gibt auch Jazz, der mir gefällt, im Fusionbereich von Gitarrist Eric Gales. Beim Blues ist das Improvisieren ein wichtiger Bestandteil, dafür lebe ich. Dafür hat man ja sein Leben lang geübt!

Sie machen also weiter, auch wenn Sie schon über 70 sind?
Als Freiberufler ist es nicht so einfach. Außerdem: Je älter ich werde, umso mehr macht die Musik mir Spaß. Ich spiele auch nur das, was mir Spaß macht. Mit Epitaph bin ich auch noch unterwegs, da haben wir gerade bei einem Festival in Paderborn gespielt vor über 1000 Zuhörern Mit Epitaph habe ich 20 bis 30 Auftritte in ganz Deutschland – und Festivals im Sommer. Es ist immer noch ein Bedarf da, diese Musik ist irgendwie zeitlos. Im Mai kommt auch ein neues Album von Epitaph heraus: „Don’t Let the Grey Hair Fool You!“ heißt es. (Er lacht).

Konzerte

Althornbach: 4. April, 19.30 Uhr, Bürgerhaus, Hauptstraße 14, Heinz Glass und Friends, mit Heinz Glass (Gitarre, Gesang), Sven Sommer (Bass), Helmut Koch (Schlagzeug), Albert Koch (Bluesharp), Karten: Allianz Ziemerle, Althornbach, Telefon 06338 273, Ute Klein, Althornbach, Telefon 06338 1430 und Gerhard Burkei, Zweibrücken, Telefon 06332/46351. Veranstalter: Kultur-Förderverein Althornbach.

Nanzdietschweiler, 5. April, 20 Uhr, Trafo, Katzenbacher Straße 21, Heinz Glass (Gitarre, Gesang) Volker Kaufmann (Saxofon) und Sebastian Schmitt (Schlagzeug).

Kusel: 5. Mai, 19 Uhr, Kinett, mit der Band Epitaph: Heinz Glass (Gitarre, E-Gitarre, Slide Gitarre), Cliff Jackson (Gitarre, Gesang), Bernd Kolbe (Bass, Gesang), Carsten Steinkämpfer (Schlagzeug).

Zur Person

1952 geboren in Kindsbach bei Kaiserslautern
1962 Gitarrenunterricht beim Musikverein Kindsbach
1965-1968 Musikkonservatorium Kaiserslautern, erste Bands: Tak Taffi Jam, Penicillin
1970-1973 Studium an EWH Landau (Musik, Mathematik)
1970 Profimusiker in US- Clubs mit Rock und Soulbands
1973-1976 Klassische Gitarre bei Wolfgang Lendle, Musikhochschule Saar
1977-1981 Band, Europa-Tour, drei LPs, „Rockpalast“
1983 Solotourneen, LP: „Heinz Glass – Akustik Gitarre“
1983-1984 Band Moby Dick
1984 Band Viomando
1984-1987 Palzgang; ca. 70 Auftritte pro Jahr mit John Kirkbride, LP: „Blues“
1985 Tournee mit Percy Sledge
1987 Übersiedlung nach Berlin, Gitarrenlehrer
1988 Gitarrist bei TV-Sendung „Geschichte der Rockmusik“
seit 1989 Glass Band, etwa 50 Gigs im Jahr, Sessions, vier CDs
1998 25-jähriges Bühnenjubiläum in der Kaiserslauterer Kammgarn
2000 Reunion Epitaph
2004 Monokel Blues Band, WDR „Kraut-Rockpalast“

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