Zweibrücken Bäume haben viele Feinde

Braune Kastanienblätter im Juli, verdorrte Triebe von Eschen und abgestorbene Fichten – vielen Bäumen geht es gar nicht gut. Schuld sind oft Schadorganismen wie die Miniermotte bei Rosskastanien, das Stängelbecherchen bei Eschen (wir berichteten am 7. Juli) oder der Borkenkäfer. Hat das mit Klima-Veränderungen zu tun und wird der Befall womöglich schlimmer?

„Nein, so einfach ist das nicht“ weist Theodor Ringeisen, Leiter des Forstamts Westrich, auf komplexe Zusammenhänge hin. Neben Klima-Effekten spielten auch kurzfristige Wetter-Ereignisse eine Rolle sowie die Zahl von Schädlingen und Gegenspielern oder die Zusammensetzung des Waldes. Eben diese Zusammensetzung werde sich unter dem Einfluss des Klimawandels ändern, meint Ringeisen. Bei Fichten, Europäischer Lärche und Waldkiefer erwartet er Flächenrückgänge, bei Wärme liebenden Baumarten wie Esskastanie, Robinie und Schwarzkiefer eher Zuwächse. Weiterhin häufig in unseren Wäldern vertreten sein werden Buche, Traubeneiche, Bergahorn, Esche, Hainbuche, Kirsche und Birke. Vorausgesetzt, es treten keine neue Infektionen oder Schädlinge auf und bereits bekannte werden nicht aggressiver. Dass im Zweibrücker Stadtwald jede fünfte Esche gefällt werden muss, hat mit einem Pilz zu tun. Mit Hymenoscyphus Pseudoalbidus nämlich, dem falschen weißen Stängelbecherchen. Laut Revierförster Daniel Rolland trat der Schlauchpilz 2010 erstmals in Zweibrücken auf und ließ Triebspitzen von jungen Eschen welken. Seit zwei Jahren befällt das Stängelbecherchen, das in Mitteleuropa seit 35 Jahren nachgewiesen ist, auch ausgewachsene Bäume massiv. Sein Auftreten sei eine Folge gestiegener Durchschnittstemperaturen, vermuten Ringeisen und Rolland. Einheimische, bisher als unbedeutend geltende Pilzarten, können so unter veränderten Umweltbedingungen zu Krankheitserregern werden. Einen gewissen Schutz bietet das Entfernen abgefallener Blätter. Nur ist das im Wald schlichtweg nicht praktikabel. Der Klimawandel mag ein Risiko darstellen – zumal auch längere Trockenperioden die Abwehrkräfte von Wirtspflanzen schwächen und somit den Befall durch Pilzsporen oder Schadinsekten erleichtern. Ebenso können aber kurzfristige Wetterereignisse auch Schutz vor Schädlingen bieten. Im Juli dieses Jahres regnete es ein paarmal kräftig. „Das hat den Fichten-Befall durch Buchdrucker erst mal entschärft“, berichtet Ringeisen. Buchdrucker nennt man den Fichtenborkenkäfer, weil seine Larvengänge in der Aufsicht geschnittenen Lettern ähneln. Trockenheit und hohe Lufttemperaturen bieten den Tieren ideale Voraussetzungen, sich zu vermehren. Im Zeitraum von 1990 bis 2010, der von tendenziell ansteigenden Temperaturen gekennzeichnet war, ging der Flächenanteil der Fichte im Forstamtsbereich von 20 auf elf Prozent zurück – eine gewaltige Verschiebung, denn Veränderungsprozesse in Wäldern laufen meist langsam ab. „Um abzuschätzen, welche Baumarten künftig gute Wachstumsbedingungen vorfinden werden und welche Arten eher Probleme bekommen, bedient man sich eines Modells so genannter Klimahüllen“, erläutert der Forstamtsleiter. Anhand der Jahresdurchschnittstemperatur und des Jahresniederschlags vergleicht man die Wuchsbedingungen im heutigen natürlichen Verbreitungsgebiet mit den künftig zu erwartenden. Weil jedoch die jahreszeitliche Verteilung von Niederschlägen, die Wasserspeicher-Kapazität der Böden, und andere örtliche Standortfaktoren nicht berücksichtigt sind, bleibt das Ergebnis eine Grobabschätzung. Zumal Schädlinge oft nur lokal zum Problem werden. Der Buchenspringrüssler sei vor allem im Bereich Rodalben/Merzalben stark, erläutert Ringeisen. In der Fläche löse der Käfer, der es auf die jungen Buchenblätter abgesehen hat, derzeit keine bleibenden Schäden aus. Wärme und Licht fördern das Vorkommen des Eichenprachtkäfers, Trockenheit das des Lärchenborkenkäfers – der im Forstamtsbereich „fühlbare“ Schäden anrichtet, wie Ringeisen erläutert. Verantwortlich für vermehrtes Auftreten einzelner Arten sind eben nicht allein klimatische Veränderungen. „Da muss man das gesamte Ökosystem betrachten“, sagt der Forstamts-Chef. Käfer hätten ja auch natürliche Gegenspieler, etwa Schlupfwespen, die sie in Schach halten. Daneben sieht Ringeisen die Konkurrenz neu in die Wälder einwandernder Arten wie der spätblühenden Traubenkirsche. Oder die Widerstandsfähigkeit von Bäumen, bei der auch die Luftqualität eine Rolle spielt. Verbesserungen hätten gerade der Tanne sehr geholfen, stellt Ringeisen fest. In der Konsequenz gehe es darum, gemischte Wälder aufzubauen, deren Baumarten eine hohe Klimatoleranz erwartetet lassen, lautet die Lösung für den Forstamtsleiter. Insekten und Pilze hätten dann die geringsten Angriffsmöglichkeiten. Was die Miniermotte (Cameraria ohridella) angeht, die beispielsweise in der Zweibrücker Bismarckstraße für welke Kastanienblätter sorgt, gibt Theodor Ringeisen übrigens Entwarnung für den Forst: im Zweibrücker Wald gebe es kaum Rosskastanien. (npm)

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