Zweibrücken Sensible Seelenklänge

Bei jeder Note spürte man, wie intensiv sich der renommierte Pianist Michael Wessel mit dem Werk Mozarts auseinandergesetzt hat
Bei jeder Note spürte man, wie intensiv sich der renommierte Pianist Michael Wessel mit dem Werk Mozarts auseinandergesetzt hat und dabei jeder Nuance nachspürte.

Sommerliche Temperaturen, alles grünt und blüht. Heiterer wie an diesem Sonntag kann sich der Frühling kaum präsentieren. Im Konzertsaal hingegen wurde „Mozart in Moll“ geboten. Kann das gut gehen? Rund 80 Besucher in der Zweibrücker Festhalle können das mit Sicherheit bestätigen.

Dazu hatte die Mozartgesellschaft Zweibrücken-Bitche-Pirmasens den Pianisten Michael Wessel eingeladen, der das Programm „Mozart in Moll“ auch auf einer vielbeachteten CD herausgebracht hat. Ein gewisses Maß an Mut gehört schon dazu, sich der anderen Seite des meist als heiter beschriebenen Wolfgang Amadeus Mozart zu widmen. Statt spätbarocke Leichtigkeit präsentierte der Pianist in Zweibrücken tiefgründige Klänge, die mehr über den Komponisten aussagen können als all die populären Werke. Doch wer einen traurigen musikalischen Weg hin zum berühmten Requiem erwartete, wurde mit Sicherheit überrascht. Denn Moll bedeutet bei Mozart keinesfalls Traurigkeit, vielmehr Tiefgang und Hoffnung. Dass dies auch im Zweibrücker Konzert zu spüren war, verdankten die Zuhörer mit außerordentlichen Einfühlungsvermögen von Michael Wessel. Bei jeder Note spürte man, wie intensiv sich der renommierte Pianist mit dem Werk Mozarts auseinandergesetzt hat und dabei jeder Nuance nachspürte. Etwa beim Rondo a-Moll KV511. „Ein Rondo für das Klavier allein“, notierte Mozart am 11. März 1787 in seinem eigenhändigen Werkverzeichnis. Das ist aber auch schon alles, was man über die Entstehung dieses Stückes weiß. Immerhin gab Mozart es kurz darauf zum Druck. Mit seinem gleichzeitig verspielten und doch leicht melancholischen Charakter ist es eine der herausragenden Kompositionen Mozarts für das Klavier. Herrlich perlende Klänge verzaubern zunächst, um dann plötzlich und unerwartet durch weit radikalere Töne unterbrochen zu werden. Eine komplexe Komposition, die durch die bemerkenswerte Interpretation Wessels das Publikum in ihren Bann zog. Man mag darüber spekulieren, ob die Dur-Manie Mozarts eine Verdrängung seiner persönlichen Probleme bedeutete. Wahrscheinlich verkaufte sich barocke Heiterkeit eben leichter und besser. Wie auch immer, auffällig ist, dass die Mollkompositionen in den letzten Lebensjahren zunehmen. Mozart in Moll, das sind dunklere, intimere und rätselhaftere, ja vermutlich die persönlichsten und ergreifendsten Gedanken und Empfindungen, die wir heute vom Wunderkind Mozart kennen. Das gilt insbesondere für das verhaltene und dunkle Adagio h-Moll KV 540, das Mozart am 19. März 1788 komponierte. Gerade in diesem Adagio fiel in Zweibrücken auf, dass Michael Wessel sich pianistisch gesehen extrem zurückzuhalten schien. Viele dynamisch rasch wechselnde Passagen, die gerne zur Dramatisierung einladen, wurden von ihm manchmal nur angedeutet. Ein Interpretationsansatz, der einer möglichst originalgetreuen Wiedergabe geschuldet ist. „Gleichzeitig versuche ich, klangliche Besonderheiten des historischen Flügels auf das moderne Instrument zu übertragen, zum Beispiel die weitaus verschiedenfarbigeren Register, die weniger abrupte Dämpfung oder manche Härten, die das Hammerklavier aufgrund seines höheren Geräuschanteils im Klang vor allem bei lauten Akkorden aufweist„ erklärt der Wessel in einem Kommentar zur CD „Mozart in Moll“. Die sechs Stücke, die Michael Wessel für den Zweibrücker Konzertabend zusammengestellt hatte, gaben einen hervorragenden Überblick über die Gedanken und Gefühle Mozarts jenseits des populären Unterhalters. Und zeigte, wie sehr der Komponist schon in die Zukunft blickte. Mozart in Moll lässt Beethoven und Schubert bereits erahnen. Viel Applaus und eine virtuos gespielte Zugabe als Dank.

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