Zweibrücken „Ihr seid Nazis“

Alice Hoffmann im Dahner Haus des Gastes
Alice Hoffmann im Dahner Haus des Gastes

Eine gelungene Mischung aus Kabarett und Comedy zeigte die Schauspielerin Alice Hoffmann in der Dahner Stadthalle. Unter dem Titel „Zeichen der Zeit“ wartete sie am Pfingstsamstag mit ihrem Soloprogramm auf und zeigte, dass sie weit mehr kann, als sich in der Rolle der Hilde Becker mit Ehemann Heinz um die Christbaumspitz’ zu streiten.

Wenn der gemeine Pfälzer über saarländischen Humor lacht und ihn mit langanhaltendem Applaus kommentiert, muss ein Publikumsliebling zugange sein. So ist es auch in der Dahner Stadthalle im Haus des Gastes, wo sich das Publikum auf vergnügliche Stunden eingestellt hat und alles andere als enttäuscht wird. Mit schwarzem Humor und spitzzüngigen Bemerkungen erzählt Hoffmann aus ihren Tagen als naiv-begriffsstutzige Hausfrau und fragt sich, ob Sahnetorte, Burka und Demokratie zur deutschen Eiche im deutschen Wohnzimmer passen. Durch ihre Fielmann-Brille hindurch schaut sie auf Deutschland in Zeiten der Flüchtlingskrise und den rechten Rand der Gesellschaft. Und lässt so durchsickern, dass die Hausfrau heute zwischen Bügelwäsche und Kaffeekränzchen schlauer sein kann als von vielen erwartet. Eine Person, die jeder aus seiner Familie oder aus seiner Nachbarschaft kennt und ins Herz geschlossen hat. In Kittelschürze und Stützstrümpfen tritt die 67-Jährige mit ihrer liebenswürdigen, herzerweichend einfachen und naiven Art vor das Publikum und erntet gleich zu Anfang schallenden Applaus, ohne etwas getan zu haben. Dabei sollten die Kalauer erst noch folgen. So wisse sie nicht, wie Ginsengkapseln wirken, denn sie vergesse, sie einzunehmen. Mit ihrer über die Jahrzehnte eingeübten Mimik vermag sie Fremdwörter nicht auszusprechen. Dabei setzt sie als „Mütterchen von nebenan“ gesellschaftskritische Akzente. Rechtspopulisten und Pegida-Anhängern gibt sie ordentlich eins mit: „Ihr seid Nazis, sonst überhaupt nichts“, meint sie. Während Terrorismus mit Tourismus und die CSU mit der NSU verwechselt werden, vollzieht Hoffmann einen Gedankensprung nach dem anderen, kommt vom Thema Diäten zum Bauchtanz am Bügelbrett und fragt sich, was aus dem Saarland wird, wenn Bayern seine Grenzen schließt. In ihrem typisch-saarländischen Dialekt widmet sich die Kabarettistin auch ihren persönlichen „Zeichen der Zeit“, dem Älterwerden. Da wird beim Klassentreffen über das Aussehen der Klassenkameradin gelästert, bis man sich zuhause eingestehen muss, auch nicht mehr taufrisch auszusehen. Als Kind von drei Jahren sei man froh, nicht in die Hose zu machen, was mit 90 Jahren schonungslos wiederhole. Der Kreislauf des Lebens. Doch plötzlich wird das Heimchen am Herd mutig und vergisst seine Angst. Dann nämlich, wenn es darum geht, dem unglücklichen Liebesleben wieder einen Sinn zu geben: „Früher dachte ich, bei einer Scheidung stirbt man, dann sei alles vorbei, das tut man nicht. Nach meiner Scheidung ging die Sonne wieder auf.“ Sie erzählt von den Marotten ihres Ehemaligen, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen und tut das, was sie am Besten kann: unfreiwillig komisch sein. Auch wenn viel gelacht wird, bekommt man eine wohldosierte Portion Nachdenken mit nach Hause. Von Alice Hoffmann als gut ausgebildeter und kluger Schauspielerin mit Charakter wünscht man sich den Mut zu anderen Rollen, fernab des Hausmütterchenstils. Ihr Publikum wäre sicher angetan. Nächste Termine —Kirchheimbolanden: Samstag, 26. Mai, 20 Uhr, Stadthalle an der Orangerie Karten: 22 Euro bei reservix.de —Saarbrücken: Sonntag 27. Mai, 15 Uhr, Congresshalle Kabarett für Senioren der Landeshauptstadt, kostenlose Einlasskarten: Infotheke Rathaus St. Johann, Kulturinfo St. Johanner Markt 24 und Stadtbibliothek.

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