Speyer „Wolferl“ gibt sich die Ehre

Eine Stunde lang durch „Wolferls“ Kindheit: Es ist „eine flüchtige Begegnung mit Mozart“ gewesen, gestern im Alten Stadtsaal Speyer. Das räumt schon der Untertitel zur neuesten Inszenierung des Kinder- und Jugendtheaters fürs Mozartfest ein. „Ein Wunderkind auf Reisen“ hat ein paar Längen, beeindruckt aber dennoch, denn die Rolle des kleinen Wolfgang Amadeus spielt der 13-jährige Leonard Holler.

Der Leiter der Städtischen Musikschule, Bernhard Sperrfechter, hatte den Jungen ausgewählt (wir berichteten ausführlich). In einer Schulaufführung gestern Vormittag begeisterte Leonard die jungen Zuschauer nicht nur mit seiner Virtuosität an Geige und Klavier, sondern auch mit schauspielerischem Talent. Auf der Habenseite der musiklastigen Inszenierung von Matthias Folz stehen außerdem viel Humor, das schauspielerische Miteinbeziehen der Begleitmusiker von der Deutschen Staatsphilharmonie und der Einfall, das Geschehen mit einer Rahmenhandlung zu versehen. Sie spielt in der Jetztzeit und zeigt, wie Leonard (als er selbst) am Pariser Ostbahnhof ankommt, um an einem Musikkurs teilzunehmen. Während er auf seine Abholerin wartet, begegnet er einem seltsamen altertümlich angezogenen Mann (Götz Valter). Der stellt sich als Sebastian Winter, Kutscher der Familie Mozart, vor – und zieht Leonard mit seinen Anekdoten und Erzählungen schnell in die Vergangenheit hinein. Mit Gehrock und weißer Perücke wird aus Leonard Holler das Wunderkind Wolfgang Amadeus Mozart, das zusammen mit seinem Vater Leopold (dargestellt vom Ersten Geiger Ionel Ungureanu) zuhause in Salzburg das Geigenspiel übt. Begleitet werden die beiden von den Brüdern Michael und Franz Joseph Haydn (Pavel Vebra an der Bratsche und Eric Trümpler am Cello) sowie dem Pater Edmund Angerer (die zweite Geigerin Alexandra Weyandt als eine Art weiblicher „Bruder Tuck“ kostümiert). Als der Vater – zeitgleich mit den Zuschauern – die große Begabung seines Sohnes erkennt, entschließt er sich zu einer Konzertreise, die dreieinhalb Jahre dauern soll. Im Stück vorkommende Stationen, unnachahmlich komödiantisch „anmoderiert“ von Götz Valter, sind unter anderem Schwetzingen, Mannheim und Paris, wo das Wunderkind in Versailles vor Ludwig XV. auftrat. Mit den biografischen Details nimmt es Folz in seinem Stück, an dem er etwa ein halbes Jahr gearbeitet hat, locker. So spielt der kleine „Wolferl“ auf seiner Geige das „Vogelfänger“-Motiv aus der „Zauberflöte“, die erst ungefähr 30 Jahre später uraufgeführt wurde. Durch seine zumeist erzählende Anlage hat das Stück einige Längen – ein paar Dialoge mehr hätten Handlungsfluss und Tempo gut getan. Dennoch: „Ein Wunderkind auf Reisen“ macht Lust auf mehr als nur eine flüchtige Begegnung mit Mozart.

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