Speyer Wochenchronik :

Zu viele Eltern schieben ihren Nachwuchs in den Kindergarten ab und vernachlässigen den eigenen Erziehungsauftrag – diese Meinung hat Oberbürgermeister Hansjörg Eger in dieser Woche gleich mehrfach vertreten. Zu dumm nur, dass ihn gerade wütende Eltern unangemeldet besucht, ein Bewerbungsgespräch gestört und sein Dienstzimmer „besetzt“ hatten. Bei denen kamen die Aussagen des Politikers von der CDU nämlich gar nicht gut an. Ihnen ging’s um verlässliche Kinderbetreuung in Zeiten des Erzieherstreiks: Die Stadt solle doch bitte die Forderungen des pädagogischen Personals erfüllen. Die Begegnung wirft – wie so vieles im Leben – Fragen auf. Etwa: Wann ist Schluss mit dem Streik? Oder: Wie problematisch ist sie jetzt, die Äußerung des OB? „Skandal“, rufen einige. „Hat doch recht“, sagen andere. Was zeigt: Die Kinderbetreuung wird derzeit in Deutschland so kontrovers diskutiert wie wenige andere Themen. Der Kulturkampf um das Betreuungsgeld lässt grüßen. Als Angebot zur Güte noch eine Frage: Kann man sich vielleicht auf die drei folgenden Sätze einigen? Egers Meinung kann man haben, sie war aber beim konkreten Anlass ungeschickt geäußert und tat eigentlich auch gar nichts zur Sache. Kindergärten sind seit Friedrich Fröbels Zeiten weit mehr als „Bewahranstalten“. Und: Nicht in allen Lebenslagen gibt es Richtig und Falsch. „Der, die, das, wer, wie, was, wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm.“ Das Liedchen zeigt es schon: Kinder sind gute Fragesteller. Neugierig erschließen sie sich die Welt. Aber wären sie auch gute Politiker? Bei der Elterndemo am Mittwoch leisteten sie erste Beiträge zur Stadtpolitik, indem etwa eine Zweijährige OB Eger einen offenen Brief der Eltern überreichte. In dem Fall war das Mädchen natürlich Mittel zum Zweck. Generell darf das politische Vermögen von Kindern jedoch nicht unterschätzt werden. So verfügen etwa beim Schuleintritt die meisten schon über ein gut ausgebautes Wertesystem. Dass manche Kitas regelmäßig „Kinderkonferenzen“ einberufen, passt also. Die Betreuten diskutieren, was sie bewegt, und stimmen ab. Aktuelles Beispiel aus der Pfalz: Warum gab’s zum Mittagessen so wenig Salat? Das folgende Votum endete eindeutig, der Auftrag ist klar: Beim nächsten Mal bitte nachlegen! Wenn heute und morgen Menschenmassen mit Flaggen durch die Maximilianstraße ziehen, sind das weder Lokführer-, noch Erzieher-Proteste. Die machen nämlich am Wochenende Pause. Nein, es ist ökumenischer Kirchentag in Speyer. Natürlich werden dabei auch Kinder wieder eine große Rolle spielen: Für sie gibt’s viele eigene Programmpunkte. Die Johanneskirchengemeinde schaltet heute sogar noch einen eigenen Kinderkirchentag vor. Für die Erwachsenen sieht es natürlich kaum anders aus: Was die christlichen Kirchen für Deutschlands ersten regionalen ökumenischen Kirchentag auf die Beine stellen, ist beeindruckend. Bei der Vielfalt auch zeitgleich laufender Glanzlichter macht man sich fast ein wenig Sorgen, ob etwa jede hochkarätige Diskussion auf die Menge an Publikum kommt, die sie verdient. Die Frage ist, ob eine neue Veranstaltung auf Anhieb genügend Magnetwirkung entfaltet. Zumal ausgerechnet am christlichen Pfingstfest die Konkurrenz riesig ist: von Weinfesten über FCK, Landesgartenschau und den Bauernmarkt der BASF in Limburgerhof bis hin zur Fahrradtour des ADFC, die heute mitten im Kirchentags-Trubel am Altpörtel starten will. Und dann ist da ja noch für viele die Verlockung, über die Feiertage kurz zu verreisen. In Speyer ist das freilich immer ein Risiko: Man könnte ja was verpassen. Gerade diesmal. Heute ziehen sie durch die Maximilianstraße, morgen ziehen alle nach Speyer-Nord. Das könnte man meinen, wenn man die vielen Hoffnungen hört, die Stadtplaner und Politiker mit dem Ende der Kurpfalzkaserne in diesem Jahr verbinden. Wie diese Woche wieder mal im städtischen Konversionsausschuss. Bei allen Nutzungsideen, die vorgestellt wurden, spielte Wohnen – vor allem zu bezahlbaren Preisen – eine gewichtige Rolle. Und wer den aktuellen Zustrom auf Speyer hochrechnet, hat kaum Zweifel, dass die Nachfrage groß sein wird. Vielleicht wird’s ja ein Schmankerl für die Investoren? Bremsen lassen werden sich Interessenten auch kaum von der Passage in einem Gutachten, die im Ausschuss für Wirbel sorgte: „Bislang ist der Stadtteil als Wohnstandort eher negativ belegt.“ Die SPD voran, aber auch andere Parteien forderten empört deren Tilgung. Dabei können sie eigentlich entspannt sein: Sie wissen ja, dass es anders ist – und Papier ist geduldig … Es wurde viel gefragt und viel in Frage gestellt. Auch diese Woche wieder. Deshalb gibt’s noch eine Rätselfrage obendrein: Was haben die folgenden Schlagzeilen gemeinsam? Bürgergemeinschaft kritisiert Stadtpolitik. Koalition lobt ihre Weitsicht. Freisitze in der Maximilianstraße vollbesetzt. Ärger über Knöllchen auf dem Königsplatz. Richtig: Man kann die Uhr danach stellen, denn sie kommen immer wieder. Insofern werden auch die Staus in den nächsten Wochen auf der B 9 niemanden überraschen. Die Fahrbahn in Richtung Süden wird erneuert: Überholen unmöglich, Stockungen im Berufsverkehr unumgänglich. Aber vielleicht inspiriert ja das Mutmacher-Fest Pfingsten auch Autofahrer. Nach dem Motto: Nur rein ins Getümmel. Auch die Hoffnung ist christlich im besten Sinne: Vielleicht ist ja wenig los auf den Straßen. Und vielleicht streiken die Lokführer nicht.

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