Speyer Wir über uns: Nach Witzchen ins Grübeln gekommen

Taufe im grünen: besonderes Angebot der Protestanten mit Nachspiel.
Taufe im grünen: besonderes Angebot der Protestanten mit Nachspiel.

Wie läuft es hinter den Kulissen der RHEINPFALZ? Darüber informieren Mitglieder der Lokalredaktion in dieser Kolumne. Heute: Funktioniert Satire in der Zeitung?

Regionale Tageszeitung soll informieren über alles, was im Umfeld ihrer Leserinnen und Leser relevant ist. Dazu gehört die nüchterne Meldung, wann und warum welcher Verkehrsweg gesperrt ist. Dazu gehören aber auch unterhaltende Elemente. Ich denke dabei etwa an unsere Porträts gleich mehrerer Speyerer, die sich in den vergangenen Wochen auf große Radtour bis an die Enden des Kontinents gemacht hatten. Ich denke aber auch an die Wochenend-Kolumnen. Die Kulturredaktion blickt in den „Kulturspiegel“, die für das Umland zuständigen Kollegen schreiben Bemerkenswertes in ihr „Eingekreist“. Für die Stadt Speyer ist die „Wochenchronik“ eine seit Jahrzehnten eingeführte Form, die wir in der Redaktion seit 2020 stärker personalisieren und nach dem Autor benennen. An den Samstagen, an denen ich an der Reihe bin, ist es „Patricks Woche“.

Diese Kolumne erfüllt bestenfalls gleich mehrere Ansprüche. Sie unterhält, sie lenkt den Blick auch mal auf Randerscheinungen – und sie kommentiert. Ich bin überzeugt davon, dass Lokaljournalismus einordnen und Stellung beziehen muss. Genau das war schon immer eine Aufgabe der Wochenkolumne. Dabei spitzt sie auch mal zu. Immer nur die nüchterne Wiedergabe von Nachrichten in einer Lokalausgabe wäre doch langweilig! In diesem Urteil fühle ich mich durch viele Leserinnen und Leser bestätigt – und doch bin ich in den vergangenen Wochen ins Grübeln gekommen.

Entrüstete Reaktionen

Zwei Beiträge in der „Woche“ haben nämlich auf entrüstete Reaktionen hervorgerufen. Einmal ging es um die Bürgerinitiative gegen eine zusätzliche Bahntrasse bei Speyer. Sie vertritt ein wichtiges Anliegen – was uns aber nicht daran hinderte, darauf hinzuweisen, dass ein wichtiger Vertreter auch in anderen Initiativen mitgemischt hat. Der Autor verpackte es satirisch – und es kam beim Betroffenen gar nicht gut an. Ich selbst hatte einige Wochen davor darüber gewitzelt, dass für die große Freiluft-Tauffeier der Protestanten ausgerechnet der Steinhäuserwühlsee als Kulisse ausgewählt worden war, dessen Wasser vor einigen Jahren noch verseucht war.

Dass ich damit den feierlichen Akt der Aufnahme neuer Kirchenmitglieder herabwürdigen könnte, war mir gar nicht in den Sinn gekommen. Es war auch nicht beabsichtigt, wurde mir jedoch zur Last gelegt. Nun, ich werde meine Worte künftig sorgfältiger wägen, und ich werde mich nächste Woche auch mit protestantischen Pfarrern treffen, um eventuelle Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. Was ich aber nicht will, ist, dass Zeitung immer nur brav, erwartbar und letztlich beliebig ist. Ich bin gespannt, wie sich die Erwartungen der Leserinnen und Leser in dieser Hinsicht entwickeln. Und ich freue mich auf Rückmeldungen dazu, denn die sind gerade im Lokalen sehr direkt, was zur Würze meines Berufs beiträgt ...

Der Autor

Patrick Seiler (46), seit 2011 Mitglied der Lokalredaktion Speyer, seit 2021 ihr Leiter. Kontakt: E-Mail patrick.seiler@rheinpfalz.de.

x