Speyer Musik ist die beste Medizin

Unverwechselbar: der Sound der „Hamburg Blues Band“.
Unverwechselbar: der Sound der »Hamburg Blues Band«.

„Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ setzten die Musiker als Gruß aus der Heimat als Opener ein. Danach war es vorbei mit Schunkel-Hymnen. Frontmann Gert Lange schickte gemeinsam mit Bassist Michael „Bexi“ Becker, Drummer Hansi Wallbaum und Gitarrist Krissy Matthews harten Bluesrock in die Halle. Kein Wunder, dass Langes Stimme häufig mit der des eigentlich unvergleichlichen Joe Cocker verglichen wird. Der Bandleader war am Mikrofon hart und gefühlvoll, psychedelisch, jazzig und soulig. Wie Cocker eben. „Ich brauche einen Doktor oder eine Krankenschwester“, hauchte Special Guest Chris Farlowe nach der im Wortsinn Atem beraubenden Version von „I Don’t Need A Doctor“ ins Mikro. Die Stimme des 78-jährigen Londoners hat im Laufe der Jahrzehnte nichts an Umfang und Klarheit eingebüßt. Farlowe erwies sich als Entertainer alter Schule, dem Hände und Herzen der Besucher von allen Seiten zuflogen. Mit seiner korrekten Aussprache des Ortsnamens Dudenhofen begeisterte er die dicht gedrängte Fan-Gemeinde vor der Bühne. Auf Farlowe hatten sie alle gewartet. Sein Auftritt nach der Pause wurde vom ersten bis zum letzten Song umjubelt. Genau so erging es dem 26-jährigen Gitarristen Krissy Matthews. Seine britisch-norwegischen Wurzeln haben ihn mit genialer Musikalität ausgestattet, die Matthews mit der E-Gitarre gründlich auslebte. Hätten es Farlowes Knochen mitgemacht, wäre er nach dem grandiosen Gitarren-Solo zu T-Bone Walkers 1960er-Jahre-Hit „Stormy Monday Blues“ vor dem instrumentalen Kollegen auf die Knie gesunken. Matthews hat sich jahrelang durch Europa gejammt, bis er bei der „Hamburg Blues Band“ seine musikalische Heimat fand. Drummer Wallbaum ist da schon seit der Bandgründung 1982 zu Hause. In Dudenhofen hat er seinen Geburtstag hinter dem Schlagzeug gefeiert. Den wievielten wollte er nicht verraten... Auch ein Ständchen gab es nicht für ihn, aber viel Beifall, als Farlowe ihm bühnenreif gratulierte. Ohne „Sing The Blues For You“ und „Out Of Time“, dem von den Rolling Stones produzierten Song, mit dem Farlowes Version 1966 Platz eins sämtlicher europäischer Hitparaden eroberte, verließ der Sänger mit der New-Orleans-Scatgesang-Stimme eines Schwarzen zur Freude der Zuhörer die Dudenhofener Bühne nicht. Einige Besucher hatten sich mittlerweile die Gehörgänge verstopft. Dennoch drang die Harp von Zugaben-Set-Mitstreiter Chris Laut und der unverwechselbare Sound der Bluesrocker aus dem hohen Norden zu ihnen. Wenn auch gedämpft.

x