Speyer Maiandacht mit Musik im Dom

John Rutters „Magnificat“ erklingt im Dom: Markus Melchiori dirigiert Domchor und Domorchester.
John Rutters »Magnificat« erklingt im Dom: Markus Melchiori dirigiert Domchor und Domorchester.

Im Marienmonat Mai gibt es im Dom zu Speyer wieder musikalisch geprägte Andachten Halte.Punkt.Maria. In der ersten erklang das Magnificat von John Rutter.

Eigentlich war die Aufführung des Magnificats von John Rutter durch die Dommusik schon am vierten Advent bei Cantate Domino geplant, doch wegen Krankheitsfällen im Orchester musste die Aufführung abgesagt und auf diesen Mai verschoben werden. Doch da der Lobgesang der Maria aus Lukas 1, 46-55 ebenso in die Vorweihnachtszeit als auch in den Marienmonat Mai passt, war diese Verlegung liturgisch gar kein Problem. Er gehört ja auch zum Fest Mariä Heimsuchung, das nach dem römischen Generalkalender jetzt am 31. Mai gefeiert wird (oder weiterhin an seinem alten Termin, dem 2. Juli).

Das 40-minütige Werk war jetzt also der musikalische Schwerpunkt im ersten Halte.Punkt.Maria im gut besetzten Dom. Offiziant war Bischof Karl-Heinz Wiesemann, der bei seinem Impuls passend zur Musik auch auf die Bedeutung des marianischen Lobpreises für uns alle einging.

Ein bekanntes Werk

Das 1990 entstandene Magnificat von John Rutter wurde schon 2014 von der Dommusik unter Domkapellmeister Markus Melchiori in Speyer musiziert, damals mit der Staatsphilharmonie. 2019 gab es eine Aufführung mit dem Kammerchor der Diözese in der Kirche des Priesterseminars. Damals sang wie jetzt im Dom Anabelle Hund das Sopransolo.

Das Magnificat von John Rutter hat eines mit dem berühmten von Johann Sebastian Bach gemeinsam: Es endet mit der Musik, mit der es begonnen hat. Sonst ist es ein sehr originelles und eingängiges Stück, mal an traditionell abendländischen Modellen, mal an lateinamerikanischen Rhythmen angelehnt. Es vertont neben dem Lukas-Evangelium auch ein altenglisches Marienlied, das Sanctus und ein lateinisches Mariengebet.

Die Wiedergabe mit Domchor und Domorchester unter Markus Melchiori brachte alle Facetten des Werks überzeugend zur Wirkung. Sie war sehr lebendig, glanzvoll und mitreißend, aber in den entsprechenden Teilen auch verinnerlicht und zart. Mit sehr fein geführten Sopran überzeugte die Solistin Anabelle Hund. Der Domchor präsentierte sich in bestechender Form, virtuos agierte das Orchester mit exponiert eingesetztem Schlagwerk.

Zu Beginn der Andacht hatte Domorganist Markus Eichenlaub Bachs Fantasie über „Valet will ich dir geben“ BWV 735 gespielt.

Termin

Heute um 18 Uhr ist der das zweite Halte.Punkt.Maria. Bei der Maiandacht singt Annemarie Pfahler, Sopran, von einem Instrumentalensemble begleitet, ein „Kleines Magnificat“ als Kantate von Georg Melchior Hoffmann „Meine Seele erhebt den Herren“. Früher wurde das Werk wie zwei andere des Barockmeisters Johann Sebastian Bach zugeschrieben.

Zur Sache

Der 1945 geborene Komponist John Rutter schrieb zwar keines der neuen Stücke zur Krönung von King Charles III. heute vor einer Woche, er war aber mit einer ganzen Reihe von Bearbeitungen beim Musikprogramm in der Westminster Abbey vertreten. Es gab also durchaus eine musikalische Verbindung zwischen dem mittäglichen Krönungsgottesdienst in London und der abendlichen Maiandacht in Speyer. Sowohl bei dieser als auch im Kapitelsamt am Sonntag Morgen (dort in einer Fürbitte) wurde die Königskrönung in England angesprochen.

Als Herrscher-Grablege besteht zwischen dem Dom und Westminster Abbey ja ohnehin eine enge Verbindung – und im Blick auf die historische Bedeutung des Kaiserdoms dürfte es wenige Orte geben, in denen man besser als in Speyer verstehen kann, was da vor acht Tagen in der englischen Hauptstadt passiert ist.

Es gab ja reichlich abschätzige Bemerkungen rund um diese Krönung zu lesen und zu hören. Nun hat jeder das Recht, an all das nicht zu glauben, was das bekundet wurde. Man mag das auch alles für Folklore halten. Es ist aber mehr. Es geht nicht um die konkreten Personen gestern und heute. Dass Würdenträger dem Anspruch ihrer Ämter nicht gerecht wurden und werden, ist ganz klar und Ausdruck der Fehlbarkeit des Menschen.

Wer aber genau zugehört hat, dürfte erfahren haben, dass es bei diesem Krönungsgottesdienst nie um einen selbst erhobenen Machtanspruch oder Größenwahn geht, sondern um das schiere Gegenteil. Das zeigt schon die Begrüßung im Dialog zwischen einem Kind und dem Monarchen, der da lautet: Kind: „Eure Majestät, als Kinder des Reiches Gottes heißen wir Sie im Namen des Königs der Könige willkommen.“ König: „In seinem Namen und nach seinem Beispiel komme ich nicht, um bedient zu werden, sondern um zu dienen.“ In diesem Ton und mit dieser demutsvollen Grundhaltung geht die Feier weiter.

Der Höhepunkt ist dann die Salbung, die auch diesmal zu Recht nicht sichtbar war, weil sie gleichsam ein intimer Moment der Begegnung zwischen Gott und dem hier bewusst all seinem Prunk entkleideten König ist.

Seit der Krönung King George II. 1727 erklingt zur Salbung der englischen Könige Händels Anthem „Zadok, the Priest“. Das war auch diesmal so. Der Text aus dem Buch der Könige bezieht sich auf die Salbung des biblischen Königs Salomo. Dieser gilt als Inbegriff eines weisen Herrschers.

Solcher bedürfen wir heute mehr denn je. In dem Akt der Salbung des Königs, der ein heiliges Ritual ist, wurde jetzt abermals die Utopie einer Macht beschworen, die von göttlicher Weisheit erfüllt ist. Diese wird es nie geben können, aber sich ihr zumindest stetig anzunähern, ist ein Gebot für jeden Machthaber. In diesem Sinn war diese Krönung in ihrer ungeheueren Symbolkraft so aktuell und wichtig, wie es sich nur denken lässt.

Mai 2021 im Dom beim Halte.Punkt.Maria: Schon damals sang Annemarie Pfahler das „Kleine Magnificat“ von Georg Melchior Hoffmann.
Mai 2021 im Dom beim Halte.Punkt.Maria: Schon damals sang Annemarie Pfahler das »Kleine Magnificat« von Georg Melchior Hoffmann.
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