Speyer Klassiker im neuen Gewand

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Frei, aber nicht zu frei nach Friedrich Schiller: Unter Christina Beecks Regie hat die „Bühnencrew“ am Montagabend im Alten Stadtsaal Speyer „Maria Stuart“ aufgeführt. Neun junge Leute zwischen 18 und 22 Jahren bilden unter diesem Namen die „älteste“ Nachwuchsgruppe des Kinder- und Jugendtheaters.

Es ist nicht einfach, den Klassiker auf eine Stunde Spieldauer zu kürzen, ohne dass Wesentliches verloren geht. Mehrere Nebenrollen sind verschwunden. Vieles, für dessen Ausführung Schiller sich Zeit und viele Worte genommen hatte, war auf seinen Kern reduziert. Als Personen blieben übrig: die Königinnen Maria und Elisabeth, der zwielichtige Leicester (Mauritz Nagels, einziger Mann im ansonsten weiblichen Ensemble), Burleigh (Linda Butz), die konsequent und ohne Rücksicht auf Moral Staatsinteressen vertritt, die humane und mit wenig Erfolg den Ausgleich suchende Shrewsbury (Alica Tauche), die korrekte Gefängniswärterin Paulet (Carla Habich) und deren junge Nichte Mortimer (Pia Laubender), die versucht, Maria zu befreien. Um innere Zerrissenheit auch pantomimisch auszudrücken, verkörperten jeweils zwei Mädchen Maria (Chiara Segiet, Mia Götzelmann) und Elisabeth (Roxane Heer, Paulina Kapp). Wie mit einer Fußfessel waren die Marias durch ein rotes Band am Knöchel miteinander verbunden und verhielten sich meist wie die Hälften einer Wippe: War eine „dran“, machte sich die andere klein und unauffällig. Die zwei Elisabeths, die einander ähnelten, agierten um einen Hochsitz als Thron herum. Trotz des einen oder anderen kleinen Versprechers lebten die Darsteller in ihren Rollen. Sie spielten keine „Hosenrollen“, sondern machten aus Burleigh, Mortimer und den übrigen – zu Schillers Lebzeiten selbstverständlich männlichen – Beratern oder Kerkermeistern einfach Frauen in gleicher Funktion. Dass Schiller ein eminent politischer Autor war, setzten die Darsteller sehr gut um. Bei aller Emotionalität spielten sie Gedanken und Standpunkte durch: So unterzeichnet die scheinbar freie Elisabeth, die sich aber als „Sklavin des Volkes“ sieht, das Todesurteil für Maria. Eine Anweisung, es zu vollstrecken, gibt sie nicht. Im „vorauseilenden Gehorsam“ wird es jemand tun, den man zur Not beschuldigen kann. Maria dagegen erweist sich trotz des Kerkers als die Freie, Selbstbestimmte von beiden, indem sie in Würde ihr Schicksal annimmt. Derweil umgeben sie Höflinge – vom intriganten, opportunistischen Leicester über den gefühlsbestimmten Mortimer, der sich das Leben nimmt, bis zum vielleicht gerade wegen seiner Humanität machtlosen Shrewsbury.

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