Speyer „Ich habe den Ehrgeiz, es trotz Verletzungen weit zu schaffen“

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Waldsee. Das große Handball-Talent Dominik Claus (TSG Friesenheim) ist nach seinem zweiten Kreuzbandriss mal wieder dazu verdammt, sich zurück zu kämpfen. Im Interview mit Thorsten Eisenhofer spricht der Waldseer über die Sache mit der Zeit, die Hilfe der Stopptaste und den „Härtetest“ Heimspiel.

Wie hart ist es derzeit für Sie, Handballspiele anzuschauen?

Vor dem Fernseher ist es überhaupt kein Problem, da schaue ich auch mal zwei, drei Partien hintereinander an. Wenn ich allerdings in Friesenheim bei den Heimspielen in der Halle bin, ist es echt hart. Da bin ich schon sehr traurig, nicht dabei sein zu können. Ich werde bis zu meiner Rückkehr trotzdem zu jedem Heimspiel gehen. Wie verbringen Sie ansonsten den Tag? Ich habe mehrmals die Woche für jeweils drei, vier Stunden Physiotherapie in Mannheim. Ich würde sogar noch öfter hingehen, aber momentan darf ich wegen der Verletzung noch kein Auto fahren und bin daher immer darauf angewiesen, dass mich jemand fährt. Und neben den Physio-Einheiten? Teilweise ist mir schon sehr langweilig. Vor allem als es Ende August und Anfang September so heiß war, war das blöd. Viele meiner Freunde und meine Freundin waren dann am See, ich konnte nicht mit. Am See mit Krücken herumzulaufen, ist dann auch irgendwie doof. Andererseits haben Sie nun mehr Zeit für Freundschaften und Familie … Es ist schon schön, mehr Zeit dafür zu haben. Aber monatelang mehr Zeit dafür zu haben, das hätte ich jetzt nicht gebraucht. Dafür spiele ich zu gerne Handball. Nicht nur für Freunde und Familie, auch fürs Studium haben Sie nun Zeit. Das stimmt, ich kann mich mehr darauf konzentrieren. Bislang habe ich es eher selten an die Uni geschafft, weil fast immer zeitgleich Training war. Vielleicht kann ich in diesem Semester ein bisschen mehr machen. In den vergangenen Jahren haben Sie sich meistens nach einem Turnier mit der Nationalmannschaft verletzt, sodass sich die Verletzung auf die hohe Belastung zurückführen ließ. Diesmal war es vor einem großen Turnier. Ich war sogar zwischen den Lehrgängen mit der Nationalmannschaft noch eine Woche im Urlaub, habe mich ausgeruht gefühlt. Aber in dieser Situation, in der es passiert ist, wäre das auch jedem anderen Spieler passiert. Haben Sie Angst, dass Ihre Karriere endet, bevor sie richtig begonnen hat? Darüber mache ich mir keine Gedanken. Aber es ist natürlich so, dass ich für einen 20-Jährigen, mit unter anderem zwei Kreuzbandrissen, eine lange Liste an Verletzungen habe. Kommen noch zwei, drei Verletzungen in den nächsten Jahren hinzu, muss ich mir Gedanken machen. Wollen Sie in dieser Saison noch einmal spielen oder ist das Ziel, zur Vorbereitung auf die kommende Saison fit zu sein? Ich will auf jeden Fall zur Vorbereitung auf die nächste Saison fit sein. Wenn ich soweit sein sollte, dass ich die letzten Partien dieser Spielzeit schon wieder auflaufen könnte, müsste ich mir dann noch überlegen, ob ich das riskiere. Kann man aus solch einer langen Ausfallzeit, wie Sie sie haben, gestärkt zurückkommen? Es heißt ja immer: come back stronger. Ich weiß nicht, ob das möglich ist, wenn man so lange fehlt. Körperlich ist es vielleicht möglich, vom spielerischen ist es schwer. Da fehlt einem die Praxis aus Spielen und Training. Ich schaue mir daher viele Videos an, drücke zwischendurch immer die Stopptaste und überlege, was ich in solch einer Situation machen würde. Es ist kein Ersatz für richtige Spielsituationen, aber vielleicht hilft mir das ein bisschen weiter. Haben Sie die Befürchtung, das, was aufgrund Ihres Talentes möglich ist, in Folge der vielen Verletzungen nicht erreichen zu können? Leichter wird es durch die erneute Verletzung sicherlich nicht. Aber ich habe den Ehrgeiz, es weit zu schaffen. Zur Person Dominik Claus wurde 1996 in Speyer geboren und wohnt in Waldsee. Der Junioren-Nationalspieler hat im vergangenen Jahr am Speyerer Schwerd-Gymnasium das Abitur bestanden und studiert nun in Landau Sport und Deutsch auf Lehramt. Mit dem Handball begann Claus bei der TG in seinem Heimatort. Von dort wechselte er 2011 zur TSG Friesenheim und lief zuletzt zwei Saisons lang mit Zweitspielrecht auch für den TV Hochdorf auf. Seit dieser Saison steht er nun ausschließlich im Kader der TSG Friesenheim. Der vierte Platz mit Friesenheim bei der deutschen Jugend-Meisterschaft 2013 und der Aufstieg in die Bundesliga sind die größten Erfolge von Claus. Seit 2012 spielt der Waldseer in den Nachwuchs-Nationalmannschaft. Ende Juli riss sich der 20-Jährige bei einem Test-Länderspiel das Kreuzband im rechten Knie, musste operiert werden und fällt voraussichtlich neun Monate aus. | Fragen: Thorsten Eisenhofer |tnf

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