Speyer freistoss:

Nächste Station auf unserer Reise über die Fußballplätze der Region war die großzügige Anlage des 1. FC 08 Haßloch. Die Haßlocher stellten tatsächlich viele Jahre als Verbandsligist die Nummer eins im Dorf dar. Dann ging’s danieder. Lokalrivale VfB lief den Nullachtern zeitweise den Rang ab. Nun scheinen sie sich aber wieder gefangen zu haben und mit dem Rivalen um die Vorherrschaft im Dorf zu streiten, so sehr sogar, dass Trainer Manfred Schmitt vom Oberligisten TuS Mechtersheim die Haßlocher als ersten Testspielpartner vor der kommenden Runde aussuchte. In Richtung Neustadt fahrend nimmt der Autofahrer bei Geinsheim am besten die zweite Abzweigung Richtung Großdorf, passt dann an den Kreiseln etwas auf und erreicht schon die Plätze mit ein paar Parkplätzen zu wenig. Einige Frauen joggen die Straße entlang. Der Maibaum auf dem 08-Gelände welkt vor sich hin. Auch das Schild zum 100-jährigen Bestehen des 1908 gegründeten Vereins kommt etwas altbacken daher. Die Nachwuchstalente zeigen, welche Trikots in sind: die von Mario Götze und Deutschland. Die mutigen tragen 1. FC Kaiserslautern und SpVgg Greuther Fürth, die Selbstbewussten einfach nur Samuel und Basti. Am Vereinsheim hängen die deutsche und die brasilianische Fahne. Drinnen bestellt Uwe Rudingsdorfer, der langjährige Verbandsligaakteur von FV Speyer und Haßloch, ein kühles, anregendes Getränk. Es ist heiß. Aber der Wind bläst frisch. Die Banden machen Werbung für Betten, Bier und Bauartikel. Ganz entspannt sitzt Coach Schmitt etwa eine halbe Stunde vor dem Anpfiff auf einer der Stufen der Haßlocher Stehplatztribüne, spricht mal mit dem einen, plaudert mal mit dem anderen Zaungast, begrüßt den ihm aus Speyerer VfR-Zeiten bekannten Schiedsrichter, verfolgt das Treiben seiner Schützlinge auf dem Rasen. Bei den Haßlochern gibt es tatsächlich noch den einen oder anderen, der schwarzes Schuhwerk anhat. Zweieinhalb Wochen ist er nun her, der deutsche Fußballweltmeisterschafts-Triumph in Brasilien. Und noch immer wollen nicht alle Speyerer mit dem Feiern aufhören. Am Transporter der Abteilung Stadtgrün, der im Park hinter der Stadthalle vorfährt, steckt noch immer ein schwarz-rot-goldenes Fähnchen. In der Oberen Langgasse zeigt ein Auto Flagge, ein anderes auch und biegt in die Gerhart-Hauptmann-Straße ab. Dreifach weltmeisterlich kleidet sich die Mühlturmstraße: ein kleines Fähnchen mit Deutschland-Schriftzug, eine große Fahne und eine große mit Bundesadler. Das mexikanische Tuch in der Schustergasse weist dagegen eher auf das ansässige Restaurant hin. Auch die Fahne auf dem Hausmeisterhäuschen des Schwerd-Gymnasiums weht wohl immer. In der Bebelstraße geht’s deutsch und brasilianisch zu. Ein Mann auf der Maximilianstraße im schwarz-roten Dress mit der Nummer drei ist aber nur scheinbar ein Fan. Ein jüngerer trägt aber tatsächlich das Deutschland-Shirt. Auch wer die Landesgrenzen in die Pfalz überfährt, ob aus Mannheim oder Heppenheim, schwarz-rot-goldene Beflaggung ist noch keine Pflicht, aber gern vorgeführt. Eine Mama schiebt einen beflaggten Kinderwagen durch die Dudenhofer Straße. In der Oberen Langgasse träumt ein Rollstuhlfahrer noch vom 1:0 gegen Argentinien. Auf dem Stadthallenparkplatz ist noch ein Seitenspiegel geschmückt. In der Wormser Landstraße hält ein Fahrradkorb her. Im Eiscafe auf der Hauptstraße hängt noch immer eine Girlande mit allen Fähnchen der WM-Teilnehmer, in einer Gaststätte in der Roßmarktstraße eine nur mit deutschen. Bei zwei Fahrrad fahrenden Jungs kehrt der Alltag ein. Sie streiften sich das Shirt des Tischtennisclubs über. Beim Tennisclub Weiss-Rot Speyer soll gar schon ein Bub im Trikot der Vancouver Whitecaps gesichtet worden sein. Auch der Bundesadler in der Mühlturmstraße ist weggeflogen. Wenige Tage später hängt er wieder.

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