Speyer Farben wie bei abstrakter Malerei

In den 60er Jahren hat Walter Popp die Keramik von der Zweckmäßigkeit zur freien Kunst geführt – und damit neue Maßstäbe gesetzt. Die Städtische Galerie Speyer zeigt ab heute eine Ausstellung mit Werken Popps und einiger seiner Schüler.

Entstanden sind die Arbeiten zwischen den 60er und 90er Jahren. Eindrucksvoll zeigen sie die Entwicklung von der gestalteten Gebrauchskeramik hin zur eigenständigen Skulptur, deren künstlerischen Ausdruck Farbe und Form nahezu gleichberechtigt prägen. „Walter Popp war hier wegweisend und eröffnete eine ganz neue Sicht auf die Keramik“, erklärt die Leiterin der Keramiksammlung Hinder/Reimers im Edenkobener Schloss Villa Ludwigshöhe, Ingrid Vetter. Popp leitete von 1954 bis 1977 die Keramikklasse der Kasseler Hochschule für Bildende Künste. Er entwickelte die Gefäßmontage und eine malerische Glasur-Anwendung. „Bei 1300 Grad gebrannt, ist eine Keramik auch ohne Glasur dicht“, erläutert Vetter, „so konnte die Glasur als reines Gestaltungselement eingesetzt werden“. Tatsächlich wirkt die Farbgebung vieler Arbeiten wie abstrakte Malerei: Auf hellem, oft zartgrünem oder grauem Hintergrund sind mit kräftigen Pinselstrichen dunkle Felder und Linien gegeneinander gesetzt. Aus traditionellen Formen wie Zylinder, Kugel und Kegel montierte Popp seine modernen Objekte. Töpferscheibe, Ton und Glasur waren für ihn Mittel, um seine künstlerischen Vorstellungen umzusetzen. Als Mitglied im Arbeitsausschuss der ersten „documenta“ war er von der modernen Kunst und der Atmosphäre dieser Gründerjahre inspiriert. Die Sammlung Hinder/Reimers, aus deren Fundus die Ausstellung bestückt ist, ist seit 2005 in der Villa Ludwigshöhe beheimatet. Hier läuft noch bis November eine Kabinettausstellung mit weiteren Werken Popps zu dessen 100. Geburtstag. Lotte Reimers und Jakob Wilhelm Hinder aus Deidesheim hatten die Sammlung über 25 Jahre lang aufgebaut, das Land Rheinland-Pfalz hatte sie vor 20 Jahren übernommen. In der Speyerer Schau sind auch Arbeiten einiger Schüler Popps zu sehen. Darunter befinden sich Robert Sturm und Dieter Crumbiegel, die beide später eine Professur erhielten, sowie Reinhold Rieckmann, der bei der Eröffnung heute Abend dabei sein wird. Dem ausgebildeten Fotografen Popp selbst war die offizielle Anerkennung seines keramischen Werkes zeitlebens versagt geblieben. .

x