Speyer Das einfache Leben kennengelernt

Im Lehrsaal: Ulrich Sperling mit indonesischen Studentinnen.
Im Lehrsaal: Ulrich Sperling mit indonesischen Studentinnen.

«Harthausen.»Als Ulrich Sperling auf dem Campus der Gadjah-Mada-Universität in der indonesischen Stadt Yogyakarta auf der Insel Java ankam, war er beeindruckt von der Größe des Campus. „Er ist größer als Harthausen“, sagt der 58-Jährige. Die Universität wurde 1949 gegründet und ist die älteste des Landes. Mit rund 55.000 Studenten ist sie auch die größte Indonesiens. Die Studenten seien sehr freundlich, höflich und hilfsbereit, erzählt Sperling. Als er sich auf der Suche nach seiner Unterkunft auf dem Campus verirrt habe, bot ihm ein Student an, ihn mit dem Motorrad zu seiner Herberge zu fahren. Sperling, der an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg an den Standorten in Mannheim und Mosbach sowie an der Hochschule in Ludwigshafen tätig ist, sieht ein paar Parallelen zwischen den deutschen und indonesischen Studenten: Die indonesischen Studentinnen seien genau wie die deutschen gewissenhafter als ihre männlichen Kollegen. Was beide – sowohl Indonesier als auch Deutsche – zudem gemeinsam haben, sei, dass sie während des Unterrichts dauernd mit ihren Handys beschäftigt seien, erzählt Sperling. Die Leistungen der indonesischen Studenten schätzt der 58-Jährige nicht schlechter ein als die der deutschen. „Das ist ein schlechtes Zeugnis für unsere Studenten, die früher mal viel besser waren“, sagt Sperling. Was deutsche Studenten von ihren indonesischen Altersgenossen lernen können, sei, dass diese viel genügsamer seien: „Die Studenten dort haben viel weniger Privatbesitz. Wenn es hochkommt, haben sie ein Moped oder einen Motorroller, aber kein Auto“, erzählt der Harthäuser. Der indonesische Professor, der ihn betreute, habe sogar kaputte Schuhe getragen, weil er sich keine neuen leisten könne, erzählt Sperling. Außerdem habe sich der Mann über CDs mit klassischer Musik gefreut, die er ihm geschenkt habe. Und der Professor sei sehr stolz auf zwei Flaschen Wein, die er aus Österreich mitgebracht hat und seit mehreren Jahren bei sich zu Hause lagert, erzählt der 58-Jährige. Insgesamt hat Sperling erlebt, dass die Indonesier mit viel weniger zufrieden sind als wir. Als Beispiel nennt er, dass die Indonesier keinen Wert auf optisch perfektes Obst und Gemüse legen. Dort sei es schwarz, krumm und klein, aber schmecke trotzdem. Von den indonesischen Studenten hat der Harthäuser erfahren, dass viele nach dem Studium als Ingenieur bei einer ausländischen Firma im ostasiatischen Raum arbeiten wollen. Ob sie jedoch für immer ihr Land verlassen wollen, wissen sie laut Sperling noch nicht. Ein duales Ausbildungssystem an der indonesischen Universität aufzubauen, schätzt der Harthäuser als sehr schwierig ein. Ein duales Studium sieht immer im Wechsel eine theoretische Phase an der Uni und eine praktische Phase im Betrieb vor. Der Betrieb zahlt dem Studenten ein Gehalt. In Deutschland gebe es viele mittelständische Firmen, die Studenten ausbilden. In Indonesien gebe es diesen Mittelstand nicht, sagt Sperling. Dort gebe es die Erdöl-Industrie und viele Kleinbetriebe wie Werkstätten, für die es nicht möglich oder selbstverständlich sei, einen Studenten auszubilden und ihn dafür zu bezahlen. Die technische Ausstattung in der Universität sei in Ordnung, so Sperling. Es gebe unter anderem auch Beamer und Mikrofonanlagen. Das Problem sei nur, dass die Indonesier die Technik nicht pflegen würden. „Sie könnten schon ein bisschen sauberer und sorgfältiger sein“, findet der Harthäuser. Allerdings macht er auch deutlich, dass es „idiotischer Optimismus“ wäre, zu glauben, dass man in einem solchen Land etwas bewirken könne, sagt Sperling mit Blick auf die dort herrschende Korruption und die einfachen Verhältnisse. Sperling wirbt deshalb nun bei der Dualen Hochschule in Mannheim und Mosbach sowie an der Hochschule in Ludwigshafen für einen Austausch, dass indonesische Studenten Deutschland und deutsche Studenten das einfache Leben in Indonesien kennenlernen können.

An der Tafel: Ulrich Sperling (rechts) mit einem Studenten. Die jungen Leute könnten sehr gut Englisch schreiben, deren Aussprac
An der Tafel: Ulrich Sperling (rechts) mit einem Studenten. Die jungen Leute könnten sehr gut Englisch schreiben, deren Aussprache sei dagegen katastrophal, sagt Sperling. Der Vorteil der Mathematik sei, dass die Regeln überall gleich seien und es nur Zahlen und Buchstaben für die Verständigung brauche.
x