Speyer Brücke zwischen den Kulturen

Die Oratorien von Karl Jenkins stehen bei Chören hoch im Kurs. Der Dudenhofener Kirchenchor St. Cäcilia hatte im vergangenen Jahr schon das Requiem und „A Mass For Peace“ des walisischen Komponisten zur Aufführung gebracht. Jetzt wurde mit „Stabat mater“ wieder ein großes Werk von ihm in der Pfarrkirche St. Gangolf aufgeführt.

Das Werk ist eine gesungene Bitte an die Mutter Gottes, uns teilhaben zu lassen an dem Schmerz, den sie beim Anblick ihres gekreuzigten Sohnes empfindet. Dass die Musik dabei nicht nur schmerzerfüllt, sondern auch freudig daherkommt, dafür gibt der vertonte lyrische Gebetstext den Grund an. Neben den lateinischen Versen nimmt Jenkins auch alte Texte auf Aramäisch, Griechisch und Hebräisch mit auf, die eine Brücke zwischen den Kulturen schlagen. Ein eingängiges Werk, das nicht selten Tonfälle aus der Filmmusik aufgreift: hymnische Melodien, pathoserfüllte Orchesterklänge, jubelnde Hörner. Und dazu die Kraft des Rhythmus, der für Jenkins immer so wichtig ist. Exotische Percussionsinstrumente und vitale Rhythmen sorgen für Kraft und Farbigkeit. Große Klangpanoramen im Cinemascope-Sound entwarf das Heidelberger Kantatenorchester. Linda Hadiko bot aramäische Klagegesänge dar, die von der Hirtenflöte Ney (Mehmet Ungan) begleitet wurden. Neben diesen orientalischen Gesängen brachte die Sopranistin Pia Knoll die Tonfälle der europäischen Tradition in lateinischer Sprache ins Geschehen; nicht selten war ihr Part süßlich musicalhaft. Den Schmerz aller Mütter in Ost und West über den Verlust des Sohnes wollte Jenkins hier reflektieren, und so führte er auch beide Soprane in ihrer jeweiligen Sprache zusammen im sechsten Satz „Now My Life Is Only Weeping“ Eine weite dynamische Bandbreite eröffnete der Kirchenchor St. Cäcilia, vom ernsten Tonfall aufglühend in machtvolle Triumphalität. Bei manch heiklen Stellen kam der Chor an seine Grenzen, beispielsweise im siebten und achten Satz. Dennoch erfüllten schmiegsame Chorharmonien, wohlig weich, diese Gesänge, und aus den sanft flutenden Tönen entfaltete Chorleiterin Silvia Körner Klänge von prächtiger himmlischer Herrlichkeit. Als klangstarker Verbund präsentierte sich das Heidelberger Kantatenorchester, mit kraftvoll-dynamischer Gestaltung in den minimalistischen repetitiven Wendungen und großangelegten Steigerungen wie dem überwältigenden mitreißenden „Paradisi Gloria“. Der große Beifall wurde belohnt: mit „Dies Irae“ aus dem Jenkins-Requiem als Zugabe. Begonnen wurde der Abend mit Samuel Barbers „Adagio For Strings“, einem großen Trauergesang der Streicher, sonor und expressiv aufglühend.

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