Speyer Aus für Kultclub

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Die Nachricht dürfte für viele ein Schock sein – auch wenn sie schon 15 Jahre oder mehr nicht mehr dort waren: Der Schwimmbad Musikclub in Heidelberg wird bald schließen. Die Stadt verliert damit eine Institution. Mehrere Generationen aus der Rhein-Neckar-Region haben hier gefeiert. 1989 hatten einige das Glück gehabt, eine Band namens Nirvana zu erleben.

Beim Schwimmbad Musikclub von einer Ära Heidelberger Clubkultur zu sprechen, ist nicht untertrieben. Umso trauriger dürften die Fans der Institution in der Tiergartenstraße über deren Aus zum Jahresende sein. Der Club schließt. Eine Neueröffnung ist nicht geplant. Grund ist eine nötige Kernsanierung des Gebäudes, das den Heidelberger Stadtwerken gehört. Viele dürften sich noch an lange Nächte im 1979 eröffneten „Schwimmbad“ erinnern. Mehrere Generationen aus dem Rhein-Neckar-Raum pilgerten nach Heidelberg, um dort zu tanzen oder Live-Bands zu erleben. Und für einige der Bands war der Club eine Zwischenstation auf dem Weg zu Bekanntheit oder sogar zu Weltruhm. Beispiele sind Green Day, Soundgarden, Guano Apes oder Nirvana. Die Grunge-Band aus dem amerikanischen Seattle mit ihrem Sänger Kurt Cobain gastierte am 15. November 1989 im „Schwimmbad-Club“. Damals hatte wohl niemand damit gerechnet, eine der größten Rockbands ihrer Zeit auf ihrer ersten Europatournee gesehen zu haben. Vor rund fünf Jahren hatte vermutlich auch niemand damit gerechnet, dass es den Club 2016 nicht mehr gibt. Denn da wurde das Gebäude renoviert. „Neue Fliesen, neue Möbel“, erinnert sich Guy Dechandol, seit 2004 Geschäftsführer des Musiktempels. Es wurde die „Blue Fish“-Disko im Keller erneuert, und das Bistro im dritten Stock avancierte zum schicken „Penthouse“. Doch zu diesem Zeitpunkt habe niemand „hinter die Fassade“ des 60 Jahre alten Gebäudes geblickt, sagt Dechandol. Und somit blieben die maroden Wasser- und Elektroleitungen, die mitgenommenen Decken und Böden erst einmal unbeachtet. Was auch blieb, war die Erkenntnis, dass von Grund auf saniert und der Brandschutz an die aktuellen Standards angepasst werden muss. „Das würde ungefähr zwei Jahre dauern“, meint Dechandol, der sich daraufhin dazu entschieden hat, den eigentlich bis Ende 2016 dauernden Pachtvertrag vorzeitig zu beenden. Die Stadtwerke willigten ein. Doch warum kommt eine Neueröffnung für ihn nicht infrage? „Das Schwimmbad wäre dann nicht mehr das Schwimmbad. Wir hätten ein steriles Gebäude vor uns und müssten neu anfangen. Es hätte nicht mehr den Charme, den es heute hat“, sagt der gebürtige Mannheimer, der seit 2000 im Schwimmbad Club dabei ist. Alle Erinnerungen, all das, was den Club ausmache, wäre weg. Gespräche über Teilsanierungen während des Betriebs hätte es gegeben, aber die Arbeiten hätten schon 2015 beginnen müssen. Verbunden mit finanziellen Einbußen für den Club, der nicht von der Stadt Heidelberg subventioniert wird wie etwa die „Halle 02“. „Ich denke, das Publikum kommt hier in Heidelberg gut woanders unter“, sagt Dechandol mit Blick auf die Clubszene. Auch er selbst verschwindet nicht von der Bildfläche, denn der Biergarten „Heidelgarden“ und die Strandbar „Heidelbeach“ neben dem Club werden bleiben. Sie sind nicht vom Betrieb im Hauptgebäude abhängig. Außerdem sollen einige der regelmäßigen Veranstaltungen wie das „Schwarze Schwimmbad“ für Gothic- und Industrialfans an anderen Orten fortgeführt werden. Dennoch: „Für uns ist das sehr, sehr schlimm“, sagt Dechandol. Auch langjährige Gäste seien traurig über die Schließung. Und die wird ziemlich ruhig über die Bühne gehen. Eine große Abschiedsparty sei nicht geplant, sagt der Geschäftsführer. Was mit dem Gebäude passiert, ist noch unklar.

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