Kolumne Annes Woche: Geknutsche und Gesäge

mediator3

Speyerer Model: Geknutscht

Speyer ist zwar prima, liebe Leserinnen und Leser, aber sind wir mal ehrlich: Überregionale Aufmerksamkeit wird uns meist eher nicht geschenkt, es sei denn, das Judenbad wird zum Unesco-Welterbe erklärt oder Damals-Noch-Bundesfamilienministerin Anne Spiegel – die ja lange in Römerberg und Speyer gelebt hat – tritt medienwirksam und zerknirscht wegen eines Frankreich-Urlaubs zurück. Diese Woche aber war mal wieder so eine Woche, wo Speyer plötzlich überall war: in der Zeitung mit den vier großen Buchstaben und so ziemlich auf jedem Promi- und Klatsch-und-Tratsch-Portal, das man sich vorstellen kann. Warum? Weil das Speyerer Model Julia Gauly auf „Malle“ mit Fußballer Mats Hummels geknutscht hat.

Ja. Jetzt könnte man das bekannte Bild vom umgefallenen Sack Reis in China bemühen. Oder fragen, warum irgendwen interessieren sollte, was irgendwer mit irgendwem im 17. und liebsten Bundesland der Deutschen macht. Vielleicht ist es auch egal? Ja, vielleicht. Was ich aus dieser Nachricht nämlich mitnehme, ist Folgendes: Die Akzeptanz dafür, dass eine Speyererin – offenkundig – einen schönen Urlaub verbringt, ist wieder da. Um jetzt noch mal auf Anne Spiegel zurückzukommen ...

Gemälde: Gestiftet

Sprechen wir lieber über Werner Hill. Der 96 Jahre alte Speyerer und ehemalige RHEINPFALZ-Kollege ist nämlich ganz unfreiwillig in dieser Woche in ein größeres Chaos hineingezogen worden. Angefangen hat alles mit dem Anruf eines Grünstadter Kollegen, der im dortigen Stadtrat gehört hatte, dass Werner Hill der Kommune zwei „unschätzbare“ Gemälde stiften will. Offenbar, weil er familiäre Beziehungen an die Weinstraße habe. Also wollte mein Kollege von Werner Hill wissen, was das denn für „unschätzbare“ Gemälde sind und bei uns einen Kontakt erfragen, den er auch bekam. Werner Hill aber muss ziemlich verdutzt ob des Anrufs reagiert haben. Von etwaigen Gemälden oder gar Verwandtschaften nach Grünstadt wusste er nämlich nichts. „Das ehrt mich“, soll Werner Hill zum Kollegen gesagt haben, „aber ich hätte nix, was ich der Stadt stiften könnte. Gerne hätte ich mich mit Ruhm bekleckert.“

Der Kollege musste also anders an die Sache rangehen und rief beim Altertumsverein in Grünstadt an. Es stellte sich heraus: Gespendet hat die Gemälde nicht Werner Hill aus Speyer, sondern Walter Hill aus Bergisch Gladbach, der wohl tatsächlich Familienbande nach Grünstadt hat. Verwandt sind die beiden Hills, der Speyerer und der Bergisch Gladbacher, nicht. Doch der Name sei auch nicht selten, sagt der Speyerer Werner Hill. „Als ich als RHEINPFALZ-Reporter über Manöver berichtet habe, habe ich viele Amerikaner getroffen, die denselben Nachnamen hatten.“ Spannend fand er die ganze Sache – so in Erinnerung an sein Arbeitsleben – allemal.

Industriehof: Gesprengt

Dass der Speyerer im Allgemeinen einen Faible für Altes hat, ist offensichtlich, wenn man nur einmal vom Postplatz zum Dom und über die Sonnenbrücke schlendert. Wofür der Speyerer im Allgemeinen aber auch bekannt ist – Sie dürfen mich gerne korrigieren, liebe Leserinnen und Leser – ist, dass Bürgerbeteiligungen vorab dagegen nicht so sein Ding sind. Die Stadt unter Federführung von Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) versucht es immer wieder. Und immer wieder gibt es auch Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Doch der große Ansturm, der bleibt meist aus. Außer bei einem Thema: dem Industriehof. Rund 80 Interessierte waren am Mittwochabend an die Franz-Kirrmeier-Straße gekommen, um sich über die Pläne für die anstehende Umgestaltung zu informieren. Beim kürzlichen Abendspaziergang der städtischen Wirtschaftsförderung, der ebenfalls in den Industriehof führte, hatten sich laut Stadt sogar zehn Mal so viele Teilnehmenden angemeldet wie Plätze verfügbar waren. Lediglich 40 der 400 Interessierten auf der gesprengten Anmeldeliste konnten teilnehmen.

Da fragt man sich doch schon, warum es mit der Bürgerbeteiligung beim Industriehof klappt und sonst in Speyer eher der Wurm drin ist. Ach so, stimmt: Genau genommen ist der Industriehof als Nachfolger der Celluloidfabrik von 1897 natürlich auch schon was älter.

Media:Tor: Gefräst

Zu den jüngsten Einrichtungen in Speyer zählt dagegen das „Media:Tor“, das am Freitag erst ganz offiziell Eröffnung gefeiert hat. Das neue Angebot der Medienanstalt Rheinland-Pfalz war mit mehr als einem Jahr Verspätung zwar wirklich ordentlich spät dran. Dafür hat es aber auch gutes Potenzial, die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger nachhaltig zu bereichern. Einen Schokodrucker, den es dort gibt, finden wir doch alle charmant und wenn man weiß, wo er steht, umso besser. Jedenfalls liefen die Vorbereitungen Mitte der Woche auf Hochtouren. Schließlich sollte alles zur Eröffnung fertig sein. Nur im Keller, bei der CNC-Fräse, gab es noch Probleme: Von den aus Holz ausgesägten Buchstaben, die eigentlich das Wort „Media Tor“ ergeben sollten, waren nämlich nicht alle fertig. „T“ und „r“ fehlten noch.Für den Fall, dass das Holz auf den letzten Metern doch noch ausgeht, hier deshalb ein Vorschlag, was man mit den vorhandenen Buchstaben noch so anstellen könnte: „Dame“, „Demo“, „Modi“, „Ode“ – das geht alles. Aber für eine Stadt wie Speyer wäre „Dom“ vielleicht noch die beste Wahl. Sind ja auch nur ein paar Meter ...

Bleiben Sie gesund und neugierig, wünscht

Anne Lenhardt

x