Speyer 60 Millionen Euro durch Selbstanzeigen „verdient“

Neustadt

. Reumütige Steuersünder, die nicht das gleiche Schicksal wie Uli Hoeneß erleben wollen? Die Haftstrafe für den ehemaligen Präsidenten des FC Bayern München mag zum Teil abschreckend gewirkt haben. Oliver Pentz, Chef der Steuerfahndung in Neustadt, sieht eher die Weißgeldstrategie der Banken als Hauptursache. „Selbst Banken aus der Schweiz drängen ihre Kunden mittlerweile dazu, reinen Tisch zu machen“, berichtet der Hauptsachgebietsleiter. Auch der Kauf von CDs ausländischer Banken durch einige Bundesländer habe eine Flut von Selbstanzeigen ausgelöst. „Oft von Personen, die auf den CDs gar nicht aufgelistet waren“, wie Pentz anmerkt. Um die Mehrarbeit bewältigen zu können, sind elf zusätzliche Kollegen von anderen Finanzämtern vorübergehend nach Neustadt versetzt worden. „Dies ist in Zeiten von Personalabbau in anderen Bereichen ein klares Bekenntnis des Finanzministeriums zur Bekämpfung dieser Form der Kriminalität“, freut sich Pentz. Dass der Staat Datenträger kauft, die die Verkäufer illegal an sich gebracht haben, rechtfertigt Pentz mit einem Urteil des Finanzgerichts Berlin und seinem Gerechtigkeitsempfinden: „Wenn wir gegen die organisierte Steuerhinterziehung eine Chance haben wollen, müssen wir einfach auch solche Methoden anwenden.“ Richterlich genehmigte Telefon- und Videoüberwachungen sind gängige Hilfsmittel der Steuerfahnder. Mit Peilsendern, die mit Satelliten verbunden sind, können Bewegungsprofile von Verdächtigen gespeichert werden. Dabei arbeiten die Steuerfahnder eng mit den Zollbehörden, der örtlichen Polizei und dem rheinland-pfälzischen Landeskriminalamt zusammen. Die Steuerfahndungs- und Strafsachenstelle Neustadt (50 Mitarbeiter) ist vor einem Jahr mit Kaiserslautern (30 Mitarbeiter) fusioniert worden. Strafsachenstelle heißt, dass die Behörde bei kleinen und mittleren Fällen auch Strafbefehle erlassen kann. Ein großer Fall beginnt bei nicht abgeführten Steuern in Höhe von 100.000 bis 300.000 Euro. „In diesem Bereich stimmen wir uns dann immer mit der Staatsanwaltschaft ab, wer den Fall bearbeitet“, erklärt Pentz. 1200 Fälle wurden 2014 in Neustadt und Kaiserslautern abgeschlossen, davon die Hälfte auf Grund von Selbstanzeigen, die sich zu 75 Prozent auf den vorderpfälzischen Raum beziehen. „Im Speckgürtel rund um Ludwigshafen ist einfach mehr Geldvermögen“, erklärt Pentz. Oft handele es sich um Erbengeld, das seit Jahren im Ausland versteckt werde. Es seien darunter wirklich alle Bevölkerungsschichten vertreten. Das Nachzahlungsaufkommen in der Pfalz lag bei rund 60 Millionen Euro. Damit „verdient“ ein Steuerfahnder dem Land im Schnitt rund eine Million Euro im Jahr. Wer zur Steuerfahndung versetzt wird, hat sich in vielen Bereichen der Finanzverwaltung bewährt. „Das sind oft Diplom-Finanzwirte, die zuvor bei der Betriebsprüfung Erfahrung gesammelt haben und natürlich Bilanzen lesen können“, so Pentz. Es gebe dann interne Weiterbildungsangebote, oft in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern. Vieles sei dann aber auch „training on the job“, betont er die Wichtigkeit von praktischer Erfahrung im Alltag. Ländergrenzen sind schon länger keine unüberbrückbaren Hürden. Pentz berichtet von erfolgreichen Rechtshilfeersuchen mit Finnland, Italien, Spanien oder Slowenien. Kürzlich hätten Neustadter Fahnder eine Hausdurchsuchung in Luxemburg begleitet. Was früher das Schwarzbuch in der Schublade unterhalb der Kasse war, ist heute der Computer. Deshalb hat die Neustadter Steuerfahndung auch in diesem Bereich weiter aufgerüstet. Es gibt mittlerweile im Haus fünf IT-Spezialisten, zwei weitere sind in Ausbildung. (wkr)

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