Speyer Mordfall bleibt ungeklärt

Mehrere Jahre dazwischen: oben die Richterbank im Prozess 2019, unten Siegel am Tatort 2012.
Mehrere Jahre dazwischen: oben die Richterbank im Prozess 2019, unten Siegel am Tatort 2012.

Ganz am Ende hat er doch noch Emotionen gezeigt, der 47-Jährige aus der Verbandsgemeinde Lambrecht, der bei den zehn Verhandlungstagen vor dem Schwurgericht des Landgerichts Frankenthal äußerlich unbewegt und weitgehend schweigend zugehört hatte, wie über sein Schicksal verhandelt wird. Nachdem der Vorsitzende Richter Alexander Schräder das Urteil Freispruch verkündet und es knapp eineinhalb Stunden lang begründet hatte, gingen die beiden erwachsenen Töchter des Angeklagten zu ihrem Vater, umarmten ihn – und da begann er zu weinen. Mord und Raub hatte ihm Oberstaatsanwältin Doris Brehmeier-Metz vorgeworfen: Er habe gemeinsam mit einem anderen Mann am frühen Morgen des 29. August 2012 die Nachtbar „Thai Orchidé“ überfallen und die 57-jährige Bedienung ermordet. Lebenslänglich hätte das Urteil gelautet, wenn das Gericht zu der Überzeugung gekommen wäre, dass die Anklage zutrifft. Ein Freispruch in einem Mordprozess ist selten, und selten ist auch, dass nicht nur die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, sondern auch der Anwalt der Nebenklägerin, die Tochter der ermordeten Bedienung, in ihren Plädoyers Freispruch gefordert hatten. Er sei zwar immer noch davon überzeugt, dass der 47-Jährige der Täter ist, so Anwalt Thorsten Kahl. Doch sei dies nicht „mit absoluter Sicherheit“ nachzuweisen. Wenn das so ist, müsse in einem Rechtsstaat ein Angeklagter freigesprochen werden. Er habe das seiner Mandantin erklärt, sagte Kahl am Rande der Verhandlung. Sie habe das akzeptiert, auch wenn es ihr schwerfalle. Ihr sei klar, dass das Urteil „für die Angehörigen des Opfers unbefriedigend ist“, so Oberstaatsanwältin Doris Brehmeier-Metz. Ausführlich gingen sie und Friedrich Demandt, Rechtsanwalt des 47-Jährigen, in ihren Plädoyers und Richter Schräder in der Urteilsbegründung auf alle Indizien ein, die in der Verhandlung eine Rolle gespielt hatten. Es war ein reiner Indizienprozess, da der 47-Jährige stets versichert hat, dass er nicht der Täter ist und es keine Zeugen gibt. Entscheidend für die Bewertung der Indizien sei das, was in der Verhandlung geschieht, so Brehmeier-Metz. Einige der Indizien hätten sich im Verlauf der Verhandlung „abgeschwächt“, erläuterte Richter Schräder. So habe man beispielsweise erst in der Verhandlung erfahren, dass ein Informant der Polizei, der den 47-Jährigen als möglichen Täter genannt hatte, lediglich von anderen gehört hatte, dass der Mann der Täter sein könnte. Kein Zeuge habe seinen Mandanten belastet, es gebe keinen Beweis, dass er in der Tatnacht in der Kellerbar war, bei vielen Untersuchungen durch die Polizei sei nichts Belastendes gegen den 47-Jährigen gefunden worden, nannte Verteidiger Demandt einige der Indizien, die laut ihm dagegen sprechen, dass sein Mandant der Täter ist. Einig waren sich Demandt und das Gericht, dass die lange Dauer zwischen der Tat und der Verhandlung keine Rolle gespielt habe. Die Zeugen hätten damals weitgehend das Gleiche gesagt wie jetzt. Der 47-Jährige bekommt eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und die Nachteile, die er durch Maßnahmen der Polizei hatte. Südwest

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