Mutterstadt Was man beim Frühjahrsputz findet: Von Lachgas bis Quietschentchen

Eine Gruppe fleißiger Sammler. Vorne (von links): die Zwillinge Raphael und Lukas Kaleta, daneben Meryem Yilmaz. In der zweiten
Eine Gruppe fleißiger Sammler. Vorne (von links): die Zwillinge Raphael und Lukas Kaleta, daneben Meryem Yilmaz. In der zweiten Reihe: (von links) Lance Kaleta, Lena Schmidt und Meryems Oma Petra Franz.

Mutterstadt macht Frühjahrsputz: Ursprünglich und Jahrzehnte zurück sollte nur der Wald vor der beginnenden Waldfestsaison „geputzt“ werden, wie Altbürgermeister Hans-Dieter Schneider (SPD) erzählt. Immer mehr Helfer kamen hinzu, und so wurde die Aktion vor 15 Jahren auf den gesamten Ort plus Zufahrten ausgedehnt. 100 Müllsammler waren heuer in der Gemarkung unterwegs.

Blauer Himmel, blaue Säcke. So präsentierte sich Mutterstadt während und vor allem nach der alljährlichen Müllsammelaktion am Samstagvormittag, zu der sich Vertreter aus verschiedenen Gruppen und Vereinen, aber auch Familien und Privatpersonen vor dem Rathaus eingefunden hatten.

Beigeordneter Hartmut Kegel (FWG), zuständig für Umwelt- und Naturschutz, erteilte noch ein paar Sicherheitsvorschriften, bevor die Horde Freiwilliger, ausgerüstet mit gelben Westen, Greifzangen und Säcken in die 17 Bezirke ausschwärmte. Eine Gruppe nahm sich die Ludwigshafener Straße, beginnend vom alten Friedhof bis hin zur Brücke Richtung Maudach, vor.

Die ersten Funde unspektakulär: Verpackungen, Bäckertüten und Kippen. Allgemeines Unverständnis für die Gedankenlosigkeit der Verursacher. Martina Fußer, aus ihrer früheren Tätigkeit im Ludwigshafener Umweltdezernat für das Thema sensibilisiert, zitierte das ihr oft zu Ohren gekommene Argument: „Die anderen machen es doch auch“! Für die bevorstehende Etappe ab der Theodor-Heuss-Straße entlang des Radwegs kündigte sie an: „Jetzt geht’s richtig los“.

Sie sollte Recht behalten. Die Mülldetektive zogen unter anderem eine Kondomverpackung, Flachmänner, Spielkarten, eine Radkappe, einen knallroten Wii-Remote-Controller, einen ungeleerten Becher mit Schokopudding, eine meterlange Kunststoffschiene und einen Ausweis zur Polizeihochschule aus dem Gebüsch. Bald schon war der erste Sack so schwer, dass man ihn nicht mehr tragen konnte. Maria Spoor äußerte eine Idee für eine dauerhafte Verbesserung der Situation. „Warum wird nicht ein Aufruf gestartet, um Müllpaten für gewisse Bereiche zu gewinnen?“ Sie selbst sammle regelmäßig um die „Agenda-Wiesen“ herum verstreuten Unrat.

Das Ortszentrum befreiten Lena Schmidt, Familie Kaleta und die achtjährige Meryem Yilmaz mit ihrer Oma von Abfall. „Wir wollen, dass die Stadt sauber ist und die Umwelt auch“ begründet die Drittklässlerin ihre Motivation. Die Kaleta-Zwillinge Lukas und Raphael (9) wollen außerdem verhindern, dass Tiere beispielsweise Reste aus stehengelassenen Dosen fressen. „Sie könnten sich verletzen oder sogar sterben“, befürchten sie. Als kuriose Fundstücke zählten sie eine Zahnbürste, Gummistiefel und Socken auf.

An der Ecke L533/L524 war Schiedsfrau Elke Biebinger-Laforce zugange. „Es ist erstaunlich, wie wenig Müll hier rumliegt“, zeigte sie sich überrascht. Mitsammler Stefan Herrle zog eine Flasche eines Sahnebereiters aus dem Sack. Als Verwendungszweck für Lachgas vermutete er: „Da war wohl jemand high für fünf Minuten.“ Er erzählte noch, wie eine junge, gut aussehende Frau angehalten habe, um zu fragen, was genau er hier mache. „In einer Frankfurter Disco hätte man mich sicher nicht angesprochen“, scherzte er, was seine Partnerin Alexandra Hofmann gleich kommentierte: „Man darf ihn keine Minute aus den Augen lassen.“ Außergewöhnliche Fundstücke? „Nur ein Quietscheentchen“, sagte sie, lachte und deutete auf ein kleines gelbes Etwas. Dann gab es noch einen funktionstüchtigen Handstaubsauger, den Beigeordneter Frank Pfannebecker (CDU) aufspürte, EC- und Kreditkarten, Autoreifen, ein Autoradio und eine Klobürste. Hans-Jürgen Becker vom Ältestenrat der FG 08 stieß auf einen Adventskranz mit vier abgebrannten Kerzen.

Jagdvorsteher Frank Biebinger und Jagdpächter Carsten Jacobi durchforsteten das Gebiet „Im Hartkirch“ und häuften ausgeschlachteten Elektrogeräte auf ihren Hänger. „Es besteht eine Korrelation zwischen einfacher Erreichbarkeit und der Menge des illegal entsorgten Mülls“, lautete das Fazit der beiden. Ob weniger Müll eingesammelt wurde als früher und langsam ein Bewusstsein wachse, wurde beim durch den Gewerbeverein gesponsorten Imbiss im Anschluss kontrovers diskutiert. Einigkeit bestand jedoch darin, dass es das Ziel sein muss, dass generell weniger Müll aufzulesen ist.

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