Rhein-Pfalz Kreis „Nerds von heute sind sozialkompetent“

91-72798804.jpg

SCHIFFERSTADT. In fremde Webseiten eindringen, Sicherheitslücken finden und ausnutzen, Durcheinander anrichten, Daten klauen oder löschen – was Hacker anrichten können, treibt Sicherheitsexperten und Internet-Nutzern im mindesten Fall Schweißperlen auf die Stirn. Der Schaden kann immens sein. Hendrik Hofstadt und Florian Magin können so etwas. Sie werden dafür aber nicht etwa bestraft, sondern ausgezeichnet. Die beiden Gymnasiasten haben gerade die bundesweite Cyber Security Challenge gewonnen und sind jetzt sozusagen Deutsche Hackingmeister.

Jetzt geht es sogar auf höherer Ebene weiter: In den Herbstferien treten sie im schweizerischen Luzern als Vertreter Deutschlands im europäischen Wettbewerb an. „Wir sind die Guten“, könnten die beiden Schüler des Schifferstadter Paul-von-Denis-Gymnasiums von sich sagen. Denn Hendrik Hofstadt (16) und der 18-jährige Florian Magin hacken ganz legal, auf Aufforderung und sozusagen unter höchstkompetenter Aufsicht. Denn die Cyber Security Challenge ist eine Initiative zur Förderung des Fachkräftenachwuchses in der IT-Sicherheit. Der Hackingwettbewerb wird durch das Bundeswirtschaftsministerium gefördert und vom Institut für Internet-Sicherheit betreut. Letztlich geht es darum, die Sicherheit von Daten und Webseiten zu verbessern, indem Schwachstellen aufgedeckt werden, „und auch, um Hacker auf die gute Seite zu ziehen“, sagt Hendrik schmunzelnd. Und die beiden sind richtig gut. Den Wettbewerb haben sie sogar schon zum zweiten Mal mit drei Mitstreitern gewonnen. Erst mussten die beiden jungen Experten zu Hause diverse Aufgaben erledigen, Zusammenfassungen schreiben und einschicken. Damit schafften sie es ins Finale, bei dem zehn Studenten und zehn Schüler antraten. Im Humboldt-Karree in Berlin ging es im September dann richtig zur Sache. Jeweils zwei Fünfer-Teams wurden gelost. Und nun galt es, innerhalb von acht Stunden unter Zeitdruck eine mit einem herkömmlichen System erstellte Webseite anzugreifen, die Sicherheitsvorrichtungen aufzustöbern und zu knacken und letztlich die Seite ganz zu übernehmen, Inhalte zu verändern und Chaos anzurichten – „also das, was Böswillige im richtigen Leben auch machen“, erläutert der Böhl-Iggelheimer Hendrik. Und es war auch ein richtiger Angriff, der tatsächlich stattgefunden hat und nachgestellt worden ist. Da beide Schülergruppen in der Punktezahl nur knapp auseinanderlagen, musste eine Präsentation am nächsten Tag die Entscheidung bringen. Da wurde abends und nachts noch geschuftet, aber am Ende hatte die Gruppe um Hendrik und Florian die Nase vorn. Der Preis: Laptops, Urkunden und – ganz wichtig – Kontakte. Denn bei der Challenge sind viele Firmen aus der Branche vertreten, die nach Talenten suchen. Das ist für Florian, der kurz vor dem Abitur steht, noch wichtiger als für den Elftklässler Hendrik. Wieso sind die beiden so gut in diesem Metier, haben sie im Informatikunterricht aufgepasst? „Da lernt man sowas gar nicht“, sagt Florian. Während Hendrik „schon mit zehn, elf Jahren“ angefangen hat, selbst Programme zu schreiben, und gerade eine App gegen Cyber Mobbing erstellt hat, war Florian vorher gar nicht so intensiv mit Computern beschäftigt, „eigentlich erst so richtig seit dem Wettbewerb im letzten Jahr“. „Man braucht vor allem Interesse am Lernen“, schätzt der 18-jährige Schifferstadter. Konzentriert arbeiten, um die Ecke denken und vor allem Motivation und Durchhaltevermögen besitzen – das sei wichtig. Außerdem brauche man Teamfähigkeit. Beide haben Mathe, Physik und Englisch als Leistungskurse belegt, aber Mathe brauche man nur für gewisse Aufgaben, sagt Hendrik. So recht entsprechen die beiden Jungs auch nicht dem Klischee vom blassen unsportlichen Nerd, der sich am Computer die Nächte um die Ohren schlägt. „Das geht nicht, ich brauche meinen Schlaf“, sagt Hendrik lachend. Er hat auch andere Hobbys, spielt Badminton und Klavier, trifft sich gerne mit Freunden. Und Florian betreibt den Kampfsport Jiu Jitsu. „Die Nerds von heute sind sozialkompetent“, behauptet Hendrik mit einem Augenzwinkern. Sonst könne man ja auch eine Präsentation wie in Berlin nicht stemmen, wo eine Publikumsjury überzeugt werden musste, in der auch viele Laien saßen. Für die beiden ist die Herausforderung noch nicht zu Ende. Denn sie wurden mit drei weiteren Schülern aus dem Berliner Finale ausgewählt, Deutschland bei der europäischen Cyber Security Challenge in Luzern zu vertreten und am 21. Oktober gegen Teams aus England, Spanien, Rumänien, Österreich und der Schweiz anzutreten. Derzeit bereiten sie sich intensiv vor. Es wird weiter gehackt.

x