Rhein-Pfalz Kreis „Man sagt Weibsmensch und Brunzhaus“

In manchen Orten im US-Bundesstaat Pennsylvania wird außer Englisch auch noch „Deitsch“, das heißt Pfälzisch, gesprochen, wie di
In manchen Orten im US-Bundesstaat Pennsylvania wird außer Englisch auch noch »Deitsch«, das heißt Pfälzisch, gesprochen, wie dieses Schild eindeutigzeigt.

«Ludwigshafen.» Eine Variante der pfälzischen Mundart wird bis heute in den USA gepflegt: Pennsylvaniadeutsch. Michael Werner zählt zu den wenigen Experten für die Sprache und Kultur der Nachfahren Pfälzer Auswanderer. Im Interview spricht der promovierte Linguist über Pfälzisch aus dem 18. Jahrhundert und Lokalnachrichten für Mundartsprecher.

Herr Werner, machen Sie mir mal eine Liebeserklärung auf Pennsylvaniadeutsch!

Ich bin zwar verheiratet, probier’s aber trotzdem mal: Ich gleich dich. Was sagen Sie als Sprachwissenschaftler dazu? Die deutschen Ausgewanderten in Pennsylvanien haben ,to like‘ (etwas mögen) und ,to be like‘ (sich ähneln, sich gleichen) verwechselt. Wer versteht diese Liebeserklärung? Etwa 400.000 Menschen in den USA und in Kanada. Die Sprache Pennsylvaniadeutsch beherrschen zwei große Gruppen. Zum einen die Nachfahren der pfälzischen Auswanderer aus dem 18. Jahrhundert, protestantische Christen, die als Bauern in ländlichen Gegenden leben. Zum anderen die Amischen und die Mennoniten. Was haben die Mennoniten und Amischen mit dem Pfälzischen am Hut? Das ist eines der großen Geheimnisse der Sprachwissenschaft: Nach dem Dreißigjährigen Krieg war die Pfalz weitgehend entvölkert. Der Kurfürst brauchte dringend viele Bauern. Wer kommen wollte, durfte kommen. Es kamen Österreicher, Protestanten aus Frankreich und aus der Schweiz sowie die Amischen und Mennoniten. Sie wurden in ihrer Heimat verfolgt, weil sie die Kindertaufe ablehnten. Bevor einige Tausend nach Amerika auswanderten, blieben sie ein bis zwei Generationen in der Pfalz und haben das Pfälzische übernommen. Drehen wir den Spieß mal um: Wird das Pennsylvaniadeutsch denn in der Pfalz verstanden? Absolut! Es ist im Prinzip ein Pfälzisch aus dem 18. Jahrhundert – ohne hochdeutsche und englische Einflüsse. Es gibt auch Fälle, wo es schwierig wird. Man sagt zum Beispiel in der Pfalz hupfe statt springen. In Pennsylvania dschumbe, das vom englischen jump kommt. Oder es gibt Wörter, die man bei uns stilistisch nicht mehr verwendet, zum Beispiel Weibsmensch für Frau. Es gibt dafür kein anderes Wort. Und wenn dann einer kommt und sagt „Das is mei Weibsmensch“, dann denkt der Pfälzer: oje! Oder wenn man im Restaurant nach der Toilette fragt, sagt man: „Wo is das Brunzhaus, ich muss scheiße.“ Gibt es im Einwanderungsland USA noch weitere importierte Mundarten, die so stark genutzt werden? Meines Wissens gibt es etwas Vergleichbares nur in Louisiana, wo das Französische des 18. Jahrhunderts noch intensiver gepflegt wird. Sie geben eigens für diesen Dialekt eine Zeitung heraus. Was steckt dahinter beziehungsweise drin? Sie heißt „Hiwwe wie Driwwe“, ist 22 Jahre alt, wird kostenlos verschickt und erscheint zweimal jährlich in einer Auflage von 2500 bis 3000 Exemplaren. 95 Prozent gehen nach Nordamerika. Ich mache die Zeitung mit zwei amerikanischen Mitherausgebern. Sie ist der Versuch, aufgrund der gemeinsamen Mundart Menschen hier und drüben in Kontakt zu bringen. Mit einer transatlantischen Lokalzeitung, die so tut, als seien etwa Frankenthal und Kutztown Nachbarstädte. Wir bringen Lokalnachrichten, die für die Mundartsprecher in der jeweils anderen Gegend interessant sein könnten. Bislang hatten wir weit über 100 Autoren aus Pennsylvania und 30 bis 40 Autoren aus der Pfalz, darunter auch der Pfälzer Mundartdichter Paul Tremmel. Geht das Konzept Ihrer Zeitung auf? Sprachlich ist das kein Problem. Im Wesentlichen ist es aber kulturell ein Problem. Wir haben zwar die gleichen Wurzeln, feiern dieselben Feste, essen Saumagen. Aber man muss sagen, dass die Pennsylvaniadeutschen als Bauern und ländliche Amerikaner überwiegend fundamentale Christen und Republikaner und daher Unterstützer von Donald Trump sind. Sie glauben an America first und dass die Erde 6000 Jahre alt ist. Und an dem Punkt wird es mit einer gemeinsamen Zeitung schwierig. Es ist aber sehr spannend, diesen Brückenschlag hinzubekommen – die deutsch-amerikanische Freundschaft zu pflegen und nicht Gräben aufzureißen. Kontroverse Themen wie Donald Trump diskutieren wir nicht in der Zeitung. Kann man die Zeitung auch im Internet finden? Seit 15 Jahren sind wir unter hiwwewiedriwwe.wordpress.com zu finden. Das ist jedoch nicht die Onlineausgabe der Zeitung. Auf der Homepage behandeln wir Kontroversen, die wir in der Zeitung außen vor lassen. Und wir binden dort multimediale Beiträge ein – aus Facebook, Twitter und Youtube. Es gibt viele Menschen, die dort auf Pennsylvaniadeutsch etwas machen, zum Beispiel Sprachkurse. Termin „Mer schwetze noch die Muddersprooch – Pfälzisch in Amerika“, multimedialer Vortrag mit Musik von Sprachforscher Michael Werner am Freitag, 8. Juni, um 19 Uhr im Heimatmuseum Heuchelheim, Hauptstraße 9. Der Eintritt kostet fünf Euro inklusive einem Glas Sekt.

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