Rhein-Pfalz Kreis Konkrete Hilfe für Flüchtlinge

Waldsee. Zurzeit leben 84 Asylbewerber in der Verbandsgemeinde Waldsee. Die Unterkünfte platzen aus allen Nähten – und die Lage wird sich noch verschärfen. Im Jahr 2015 erwartet der Rhein-Pfalz-Kreis rund 500 weitere Asylbewerber, die auf die Gemeinden verteilt werden. In der Verbandsgemeinde will das „Netzwerk Asyl“ in Zukunft helfen. Bei einem ersten Treffen sind jetzt die Rahmenbedingungen abgesteckt worden.

„Auf einen solchen Ansturm ist keine Kommune vorbereitet. Wir haben auch keine Ad-hoc-Lösung dafür“, sagte Wolfgang Kühn (SPD), Erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde Waldsee. Er hatte zu dem Treffen vom „Netzwerk Asyl“ eingeladen. Denn Handlungsbedarf besteht. Die Menschen brauchen Hilfe, um hier zurechtzukommen. 54 Personen aus Waldsee, Otterstadt, Altrip und Neuhofen waren am Mittwoch ins Waldseer Rathaus gekommen und diskutierten gut zweieinhalb Stunden mit Kühn. Am Ende stand fest, wie es vorerst weiter gehen soll. Anfang Januar werden alle, die sich für eine Mitarbeit im „Netzwerk Asyl“ interessieren, auf Ortsgemeindeebene eingeladen. Denn die Helfer, das hatte sich in der Diskussion herauskristallisiert, möchten sich zunächst gerne als Paten für die einzelnen Asylbewerber oder Familien zur Verfügung stellen. Diese Paten sollen sich untereinander regelmäßig austauschen können. Gleichzeitig sollen aber fünf Arbeitsgruppen gebildet werden, die dann auf Verbandsgemeindeebene ein Netzwerk bilden. Eine Gruppe kümmert sich um Sprachunterricht, eine weitere hilft bei Fragen zur medizinischen Versorgung, eine dritte soll versuchen, Asylbewerber je nach deren Interessen in die örtlichen Vereine zu integrieren. Hilfe im Umgang mit den Behörden soll eine andere Arbeitsgruppe gewährleisten. Außerdem soll es noch eine Gruppe geben, die sich um die Versorgung mit Kleidern und Hausrat kümmert. Die Arbeitsgruppen waren von Kühn vorgeschlagen worden. Er ließ sich aber schnell davon überzeugen, dass Asylbewerber auch feste Ansprechpartner vor Ort brauchen und sich schwer täten, sich bei unterschiedlichen Anliegen an verschiedene Arbeitsgruppen wenden zu müssen. Als Ansprechpartner vor Ort sollen daher die Paten fungieren. Man fange auch nicht bei Null an, erläuterte der Sozialdemokrat. In Waldsee und Otterstadt gebe es ja schon seit vielen Jahren den Arbeitskreis Asyl der protestantischen Kirchengemeinde sowie das Bündnis in Altrip. Mitglieder dieser Gruppen erklärten auch, was das „Netzwerk Asyl“ beachten sollte. Pfarrer Andreas Buchholz aus Waldsee hielt es für sinnvoll, Menschen, die sich als Paten engagieren möchten, auf diesem Gebiet fortzubilden: „Paten brauchen Austausch untereinander und Rüstzeug.“ Inge Link aus Otterstadt, die selbst schon viel Erfahrung auf diesem Gebiet hat, sagte: „Die Menschen kommen mit allen Problemen zu ihrer Vertrauensperson, da muss ad hoc reagiert werden. Dafür brauchen wir Ansprechpartner bei der Verwaltung und Unterstützung im Schriftverkehr mit den Behörden.“ Markus Lehmann, stellvertretender Leiter des Ordnungsamts sagte zu, dass er und sein Vorgesetzter Thomas Hauser jederzeit ansprechbar seien. „Wir können helfen, aber wir können zum Beispiel keine Schuldnerberatung machen. Aber wir können dann vermitteln.“ Spontanen Beifall gab es für eine Deutsch-Türkin aus Otterstadt. Sie sagte: „Viele Flüchtlinge haben einen anderen Glauben, einen anderen Gott. Sie wissen nicht, wie Christen leben.“ Viele würden keine Toilette, keinen Stuhl und keinen Tisch kennen. „Sie sind nicht dreckig, sie kennen es nicht, aber sie würden es gerne lernen.“ Dazu müssten sie die Sprache lernen, aber vor der Sprache komme das Vertrauen, das müsse zuerst aufgebaut werden. In Waldsee und Otterstadt gibt es in den protestantischen Gemeindehäusern bereits einmal pro Woche Sprachunterricht. Dorthin kämen Menschen aus Syrien, Eritrea, Afghanistan oder Russland, berichtete einer der Sprachlehrer. Das Vorhaben, das „Netzwerk Asyl“ ins Leben zu rufen, sei auch kritisch gesehen worden, berichtete Wolfgang Kühn. Dem müsse man aktiv mit Argumenten begegnen. Flüchtlinge seien nicht arbeitsscheu, sie dürften anfangs gar nicht arbeiten. Sie bekommen auch keinen teuren Zahnersatz, sondern nur medizinisch unbedingt erforderliche Leistungen. Außerdem solle man sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge nicht verdammen, sondern fragen, was man selbst machen würde, wenn es in der Heimat keine Möglichkeit gebe, seine Familie zu ernähren.

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