Rhein-Pfalz Kreis Damit auf dem Rhein nichts anbrennt

Alles im Griff: Feuerwehrmann Nico Hartmann am Steuer.
Alles im Griff: Feuerwehrmann Nico Hartmann am Steuer.

«WALDSEE.» „Sind Sie wasserfest?“ – Die Frage ringt dem Redakteur nur ein Schmunzeln ab. Schließlich tuckert das neue Mehrzweckboot der Waldseer Feuerwehr gerade so gemütlich von der Altrhein-Slipstelle gegenüber dem Marxweiher in Richtung Rhein. Doch dann drückt Nico Hartmann am Steuer des Kahns den Gashebel nach vorne, und plötzlich ergibt die Frage Sinn, genauso wie die Schwimmweste, die alle tragen müssen. Platsch! Schon hat der Journalist einen Schwall Wasser im Gesicht und auf seinem Schreibblock – und die wilde Fahrt geht richtig los. Natürlich sind die rund 65 Kilometer pro Stunde, die der Geschwindigkeitsmesser auf dem Weg rheinabwärts in Richtung Altrip anzeigt, nicht das Wichtigste, was der 7,5 Meter lange Hightech-Flitzer der Wehreinheit Waldsee bei der Feuerwehr der Verbandsgemeinde Rheinauen kann: „Die größte Neuerung im Vergleich zum Vorgänger ist das Radar- und Sonarsystem“, erklärt Hartmann, einer von rund 20 Waldseer Feuerwehrleuten, die in den vergangenen Monaten gelernt haben, das Mehrzweckboot zu bedienen. „Gerade nachts ist das Radar sehr nützlich“, sagt er. Die Neuanschaffung war dringend nötig, glaubt man den Feuerwehrleuten: „Das alte Boot hatte – überspitzt gesagt – ein Lenkrad und einen Motor“, sagt Peter Klauß, Wehrführer der Waldseer Wehreinheit. „Außerdem war es nach 30 Jahren in keinem guten Zustand mehr.“ Unterdessen kommt beeindruckend schnell das Mannheimer Großkraftwerk auf der rechten Rheinseite näher. Gemächlich gleitet ein großes Frachtschiff an dem Feuerwehrboot vorbei. Als dann die Fähre zwischen Altrip und Mannheim-Rheinau in Sicht kommt, wird es während dieser frühabendlichen Probefahrt plötzlich unerwartet ernst: Die Funkgeräte der Feuerwehrleute springen an. Ein Gebäudebrand in Altrip wird gemeldet. Stufe drei, das heißt, es scheint etwas Größeres zu sein. „Wir haben einen Einsatz“, entschuldigt sich Wehrleiter Michael Jaspers achselzuckend. Das heißt: So schnell wie möglich müssen die Männer wieder zurück zur Anlegestelle in Waldsee. Für Nico Hartmann ist das eine Gelegenheit, nochmals zu zeigen, was die beiden 100-PS-Außenbordmotoren hinten am Boot zu leisten imstande sind. „Wie auf Schienen“ gleite das neue Boot auf dem Wasser dahin, schwärmt er. Bei dieser Beschreibung will sich der bootsunerfahrene Gast gar nicht vorstellen, wie das Fahrgefühl auf dem alten Boot gewesen ist. Auch auf der Neuanschaffung ist jedenfalls gut festhalten angesagt. Für einen Rheinabschnitt von rund 17 Kilometern Länge ist die Feuerwehr der Verbandsgemeinde Rheinauen zuständig – von Speyer bis zum Kief`schen Weiher bei Ludwigshafen, wie Jaspers und Uwe Regenauer, stellvertretender Waldseer Wehrführer, erklären. Allerdings müssen die Waldseer das nicht alleine bewältigen. Die Wehreinheit in Altrip hat ebenfalls ein Boot, allerdings noch ein älteres Modell. Einen echten Einsatz gab es für das neue Waldseer Mehrzweckboot bislang zum Glück nur einmal: „Gleich bei der Einweisung hat uns die Wasserschutzpolizei in Speyer um Hilfe gebeten, weil ein Kahn herrenlos auf dem Wasser trieb“, berichtet Klauß. Zurück an der Anlegestelle springt Verbandsgemeinde-Wehrleiter Jaspers aus dem Boot, um die Altriper Kameraden bei ihrem Einsatz zu unterstützen. Die Lage dort hat sich allerdings als etwas weniger dramatisch herausgestellt als zunächst angenommen: Essen ist angebrannt, das Haus ist verqualmt, brennt aber nicht. Ein Mensch scheint leicht verletzt zu sein. Für die übrigen Waldseer Wehrleute heißt das, sie müssen momentan nicht nach Altrip eilen. Der Redakteur darf ans Steuer Für den Redakteur bedeutet das, er darf noch eine Runde mit dem Boot drehen. „Wollen Sie mal fahren?“ – Das Angebot von Nico Hartmann kommt etwas überraschend. Aber warum nicht? „Was muss ich tun?“ – „Einfach fahren“, antwortet der Feuerwehrmann entspannt. Also gut, kann ja nicht so schwer sein. Und auf geht’s auf die zweite Runde Richtung Altrip. Sieben Stundenkilometer schnell dürfen Boote auf den Altrhein-Armen fahren, aus Rücksicht auf andere Wasserfahrzeuge und auch auf die Tierwelt. Auf dem Rhein selbst gibt es hingegen keine Geschwindigkeitsbegrenzung, und so gibt Nico Hartmann noch mal richtig Gas, während der Besucher von der Presse lenken darf. Ansonsten gebe es jedoch jede Menge Verkehrsregeln, erläutert der Feuerwehrmann. So begrenzten rote Bojen die Fahrrinne nach rechts und grüne nach links. Ein Rechtsfahrgebot wie auf der Straße gibt es aber nicht. Zehn Leute passen maximal auf das Boot, die eigentliche Besatzung besteht aus vier Mann. Die Einsatzmöglichkeiten des Mehrzweckboots sind vielfältig. Mit Rettungsring oder -netz kann hilflosen Menschen im Wasser geholfen werden, Strahler helfen bei der Suche. Ist ein Schiff havariert, können Menschen damit an Land gebracht werden. Auch Löschen können die Wehrleute vom Boot aus: Eine Pumpe vermag 600 Liter Wasser pro Minute aus dem Rhein nach oben zu befördern. Wenn irgendwo Öl ausläuft, kann die Feuerwehr mit Hilfe des Boots eine Ölsperre ausbringen. Ach ja, ein Blaulicht gibt es auch – aber keine Sirene: „Die hört auf dem Wasser sowieso keiner“, sagt Regenauer. Schon wieder ist das Boot fast auf der Höhe von Altrip angelangt. Gerade fährt ein Flusskreuzer mit Urlaubern vorbei. Die 180-Grad-Wende dahinter meistert der Redakteur souverän – nun gut, es ist auch wenig Verkehr und der Rhein ist breit genug. Das Anlegen nach der Rückkehr erledigt der Profi von der Waldseer Feuerwehr wieder selbst. Das Boot wird auf den Anhänger verladen, der anschließend ins Gerätehaus der Feuerwehr gefahren wird. Welche Einsätze es wohl noch in den kommenden Jahren erleben wird? Der Vorgänger jedenfalls „hat alles gesehen“, wie sich Peter Klauß erinnert: Besonders gut ist den Waldseer Wehrleuten ein Einsatz in Erinnerung geblieben, bei dem ein Boot so schnell aufs Ufer zugefahren war, dass es an Land katapultiert wurde. Die Besatzung wurde dabei ins Wasser geschleudert und konnte an Land schwimmen. Dieses Schicksal ist dem Redakteur heute erspart geblieben.

Machen das Boot bereit für die Fahrt (von links): Uwe Regenauer, Michael Jaspers, Peter Klauß und Nico Hartmann.
Machen das Boot bereit für die Fahrt (von links): Uwe Regenauer, Michael Jaspers, Peter Klauß und Nico Hartmann.
Wasser marsch: 600 Liter pro Minute kann die Pumpe an Bord zum Löschen nach oben befördern.
Wasser marsch: 600 Liter pro Minute kann die Pumpe an Bord zum Löschen nach oben befördern.
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