Rhein-Pfalz Kreis Alt, ängstlich, angespannt

Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) war gestern nicht ganz auf der Höhe. Ihr „Tatort: Blackout“ schon. Nicht so spektakulär wie der Wiesbadener „Tatort“ vor zwei Wochen, doch durchaus ansehnlich.

Die Ludwigshafener Kriminalhauptkommissarin selbst wirkte down, dünnhäutig, ängstlich und angespannt. Sie hatte tiefe Ringe unter den Augen und fühlte immer wieder besorgt ihren Puls. „Du siehst furchtbar aus“, sagte Mario Kopper (Andreas Hoppe) ihr auf den Kopf zu, und warnte: „Lena, wenn du so weitermachst, dann fällst du irgendwann tot um.“ Am Anfang verabschiedet Lena ihren vertrauten Kollegen und Mitbewohner am Mannheimer Hauptbahnhof. Er fährt nach Taormina auf Sizilien zur Hochzeit einer Cousine. Solange muss sie ohne ihn auskommen. Stattdessen sieht sie sich mit seiner Urlaubsvertretung konfrontiert, der jungen und forschen Fallanalytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter), deren Vorgehen und Auftreten ihr missfallen. „Ich bräuchte ’ne gestandene Ermittlerin“, schimpft die erfahrene Kommissarin, die dienstälteste im deutschen Fernsehen. Sie möchte niemanden an ihrer Seite, der Analysen schreibt, sondern jemanden, der mit anpackt. Lisa Bitter, 1984 in Erlangen geboren und damit gute 20 Jahre jünger als Ulrike Folkerts, verkörpert eine neue Generation der Polizeiarbeit. Die Analytikerin, die schon beim FBI war und perfekt Englisch sprechen soll, bringt moderne Ermittlungsmethoden ein, denen Lena skeptisch gegenübersteht. „Sie sehen aber ein bisschen blass aus“, sagt Stern zu ihr und hat recht. „Die Zeiten ändern sich. Sie werden auch nicht jünger“, sagt die Neue später noch, und es stimmt wieder. Lena sieht alt aus wie noch nie, nurmehr ein Schatten ihrer selbst. Es schien so, als wollten der Berliner Regisseur Patrick Winczewski und das Kölner Drehbuchautoren-Duo Eva und Volker Zahn mit einem Mal zeigen, dass die 25 Jahre, die Lena nun im Dienst ist, die 60 Fälle, die sie bearbeitet hat, nicht spurlos an ihr vorübergegangen sind. Sonst immer tough und fit, schwächelt sie diesmal, joggt nicht und schläft schlecht. Im Aufzug wird ihr schwindlig, am Berliner Platz bricht sie sogar zusammen und wird rettungsdienstlich versorgt. In einer Bar berichtet sie erstaunlich freimütig von einer Angst, die ihr Lebensende betrifft. Wir sahen also einen Krimi, der Lenas Abdankung vorzubereiten schien, mit einem Neuzugang, der sie ersetzen könnte. Doch vorläufig darf Entwarnung gegeben werden: Odenthal wird bleiben, ebenso wie Kollege Kopper und Verstärkung Stern. Zwei weitere „Tatorte“ mit diesem Trio sind abgedreht und sollen 2015 gesendet werden. Gleich in der kommenden Episode soll Lena sich in Reha begeben. Der eigentliche Fall, der Mord an dem Architekten Justus Wagner, geriet über dieses Solo der gealterten Kommissarin in den Hintergrund. Die Story spielte sich in einem austauschbaren Rohbau ab, in besagter Bar, für die Außenaufnahmen am Musikpark gemacht wurden, auf der Kurt-Schumacher-Brücke sowie in einem Steinbruch, einem klassischen Schauplatz großer Showdowns. Gedreht wurde das Finale in einer Landschaft, die wenig nach dem Umland Ludwigshafens aussieht: im tiefsten Schwarzwald nahe des Mummelsees und des SWR-Sendeturms Hornisgrinde. Und am Ende – Achtung, hier nicht weiterlesen, wenn man „Blackout“ noch nicht gesehen hat – hieß der Täter, der mit K.o.-Tropfen hantierte, doch tatsächlich so wie unsere Oberbürgermeisterin.

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